In Weinstadt überlegt man, auf den Kappelberg oberhalb von Beutelsbach einen mittelalterlichen Wohnturm nachzubauen. Dies werde der historischen Verbindung zum Stammsitz des Hauses Württemberg eher gerecht, sagen einige Weinstäder Stadträte.

Weinstadt - Rund 320 000 Euro würde sie kosten, die rein dekorative, aber beleuchtbare hölzerne Balkenkonstruktion, die mit Blick auf die Interkommunale Gartenschau im Jahr 2019 als Landmarke auf die Grundmauern der Ruine am Beutelsbacher Kappelberg gestellt werden soll. Der Gemeinderat hat dem Projekt im Juli zugestimmt, aus der Bevölkerung folgten prompt Proteste. So heftig waren die Reaktionen auf das touristische Prestigeobjekt, dass kurze Zeit selbst aus den Reihen des Gemeinderats gefordert wurde, über Möglichkeiten der Gestaltung der Burgruine doch zunächst die Bürger anzuhören.

 

Zu dem, was anstelle der „völlig nutzlosen Attrappe“ dort entstehen könnte, hat jetzt SPD-Stadtrat Wolf Dieter Forster einen Vorschlag unterbreitet: Als sichtbares Wahrzeichen und als Identifikationsmerkmal für die Wiege Württembergs hält er einen mittelalterlichen Wohnturm für ideal – so wie er einst auf dem Kappelberg gestanden haben könnte.

Eine richtig protzige Burg hat es auf dem Beutelsbacher Kappelberg, dessen Name schon auf ein ursprünglich dort stehendes Kirchlein verweist, nämlich nie gegeben. Der Beutelsbacher Ortshistoriker Martin Goll vermutet, dass es zu Zeiten von Luitgard von Beutelsbach, die 1060 Konrad von Achalm geheiratet hat, keinen hohen Turm dort gegeben hat, sondern eher einen Wohnturm ähnlich der Stettener Y-Burg.

Luitgards Bruder Konrad baute derweil gegen Ende des 11. Jahrhunderts die Burg Württemberg bei Rotenberg und nannte sich fortan Konrad von Württemberg. Luitgards Sohn Konrad wurde dessen Nachfolger als Graf von Württemberg, weshalb seine Mutter als Stammmutter der Württemberger gilt – und Beutelsbach eben als sogenannte Wiege Württembergs.

Als Standort allerdings spielte Beutelsbach für die Württemberger schon bald keine Rolle mehr. Mitte des 13. Jahrhunderts hat Ulrich mit dem Daumen die Burganlage zwar noch erweitert und mit Umfassungsmauern versehen. Mehr als eine kleine Festung zum Schutz württembergischer Orte rundum und der vorbeiführenden Kaiserstraße war der Bau aber wohl nie, der dann 1312 durch die Truppen der Reichsstädte zerstört wurde. Die Steine ließen die Württemberger 1538 für den Festungsbau in Schorndorf verwenden.

Von historischer Bedeutung bleibt der Kappelberg und die Ruine vor allem durch die Rolle als Ausgangs- und Endpunkt des Aufstandes des Armen Konrad. Anstelle der nicht begehbaren Holzattrappe werde da ein idealtypischer Wohnturm dem Anspruch, die Wiege Württembergs zu sein, am ehesten gerecht, meint Forster. Er könnte sich, ergänzt der Stadtrat, sogar ein Projekt experimenteller Archäologie vorstellen, wie sie andernorts nach alten Plänen und mit den damaligen Bautechniken bereits im Gange sind.