Nach knapp 90 Jahren Unternehmensgeschichte gibt die Firma Paul Bauer Fruchtsaft ihren Betrieb nun komplett auf. Zuletzt waren in dem Werk in Weinstadt-Großheppach nur noch vier Mitarbeiter beschäftigt.

Weinstadt - Die Firma Paul Bauer Fruchtsaft hat nun endgültig ihren Großheppacher Betrieb dicht gemacht. Eine Überraschung war das eigentlich nicht. Denn schon in den vergangenen Jahren hat sich die Unternehmensleitung Stück für Stück von ihren Wurzeln im Remstal verabschiedet. 1927 hatte Paul Bauer die Firma gegründet, die zuletzt in der dritten Generation von Rainer Bauer geleitet wurde.

 

Zum Jahresbeginn 2011 stellte der Weinstädter Safthersteller die Abfüllung in seinem Werk in Weinstadt-Großheppach bereits ein, ließ dort nur noch Obst pressen und keltern. Das Abfüllen übernahm die Radolfzeller Firma Schlör Bodensee Fruchtsaft. 21 der damals noch 30 Mitarbeiter wurden entlassen. Der nächste Hinweis war die Schließung des Saftverkaufs auf dem Firmengelände Ende vergangenen Jahres, womit der Weinstädter Safthersteller viele Stücklesbesitzer verprellte, die im Herbst ihr Streuobst noch angeliefert haben, jedoch die dafür im Tausch erhaltenen Gutscheinen nun nicht mehr einlösen konnten.

Mitarbeiter erhalten Abfindungen

Zuletzt waren nach Angaben des Geschäftsführers Rainer Bauer nur noch vier Mitarbeiter in dem Familienunternehmen beschäftigt, die jetzt ebenfalls ihren Arbeitsplatz verloren haben. „Mit jedem entlassenen Mitarbeiter haben wir uns auf eine Abfindung geeinigt“, betont Rainer Bauer vor dem Hintergrund, dass bei der Entlassungswelle 2011 einige der Betroffenen Kündigungsschutzklagen eingereicht hatten. Diese wurden allerdings sämtlich von der 17. Kammer des Stuttgarter Arbeitsgerichts abgewiesen.

Zudem legt Rainer Bauer Wert darauf, dass „die Paul Bauer Fruchtsaft GmbH sich nicht in die Insolvenz verabschiedet hat, die am Ende der Steuerzahler finanziert, sondern ganz regulär wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres Geschäftsmodells den Betrieb eingestellt hat“. Auch die Entscheidung, die eigene Saftabfüllung 2011 aufzugeben, hatte die Firma damals schon mit wirtschaftlichen Zwängen begründet. Ganz offensichtlich ist die Situation nicht besser geworden.

Gelände soll künftig vermietet werden

Rainer Bauer teilt dazu auf Anfrage per Mail mit: „Niemand wird ernsthaft glauben, dass die zunehmende Orientierung im Lebensmittelhandel auf die Discounter – mittlerweile über die Hälfte des Absatzes an Fruchtsäften in Deutschland – auf die einheimischen Firmen keine Auswirkungen hätte“, und fragt: „Wer wäre denn in Baden Württemberg bereit, Äpfel aufzulesen, wenn es, wie in diesem Jahr in Polen, nur drei oder vier Cent pro Kilogramm gäbe? Oder wer ist bereit, für den Saft aus unserer Region 30 bis 50 Cent pro Liter mehr zu bezahlen? Wer würde, obwohl es etwas teurer ist, der Mehrwegflasche gegenüber den Karton- oder Plastikverpackungen den Vorzug geben?“ Rainer Bauer hat für sich diese Fragen offensichtlich negativ beantwortet und folgendes Fazit daraus gezogen: „Unter dem Strich bleibt für uns die Feststellung, dass wir durch Vermietung unserer Immobilie die Zinsen für aufgelaufene Bankkredite eher bezahlen und sogar noch Tilgungsleistungen erbringen können als durch das Pressen von Äpfeln oder das Abfüllen von Fruchtsäften.“

Gleichwohl wendet er sich nicht gänzlich von der Branche ab. Denn die Produktion im Werk von Bauer Fruchtsaft in Bad Liebenwerda geht unbeeinflusst von der Weinstädter Schließung weiter. Die Gesellschaft dort sei „ein unabhängiger Betrieb, an dem wir beteiligt sind“, erklärt Rainer Bauer. 1992 wurde der Grundstein des Werks in Bad Liebenwerda gelegt, das seither mit zusätzlichen Lagerhallen erweitert wurde, zuletzt 2007. Im Vorjahr begann Bauer Fruchtsaft für die US-amerikanische Firma Tahitian Noni International Säfte abzufüllen, 2010 übernahm die Gesellschaft den nationalen Vertrieb für Haji, ein noch junges Hamburger Unternehmen, das eine Cola nach islamischen Reinheitsgeboten entwickelt hat.