Waltraud und Manfred Bauer schließen ihre Weinstube „Zum Fuhrmann“ im Weinstädter Teilort Endersbach – und wandern aus.

Weinstadt - Die Zwiebeln brutzeln im Bräter. In seiner kleinen Küche schnippelt Manfred Bauer Gemüse und freut sich auf das bevorstehende Sankt Martins Wochenende, denn da sei das Haus gerappelt voll mit Stammgästen. Seit 30 Jahren steht er in der Küche der Weinstube „Zum Fuhrmann“ im Weinstädter Teilort Endersbach. Gemeinsam mit seiner Frau Waltraud hat er das urige Weinlokal zu einer Kultstätte für Weinkenner und Liebhaber traditioneller Hausmannskost gemacht.

 

Das Gänseessen am Sankt Martinstag in diesem Jahr wird wohl das letzte sein, das die beiden im Fuhrmann veranstalten. Nach reiflicher Überlegung haben sich Waltraud und Manfred Bauer entschlossen, zum Ende des Jahres ihre traditionsreiche Weinstube zu schließen, Waltraud Bauers Elternhaus in der Traubenstraße zu verkaufen und in ihre neue Wahlheimat nach Ostfriesland auszuwandern. „Ich will einfach mal entspannt ein Buch lesen, mit unserem Hund in aller Ruhe am Deich spazieren gehen und abschalten“, schwärmt Waltraud Bauer.

Die Wirtsleute freuen sich auf Seeluft und Entspannung

Ihr Mann freut sich schon darauf, im hohen Norden seinen Angelschein zu machen. Seit dem er dort in einem Restaurant einmal mitgekocht hat, möchte er alles über die typisch nordische Zubereitung von Fisch von den Einheimischen vor Ort lernen. „Ich habe einem befreundeten Koch da oben beigebracht, wie man echte schwäbische Maultaschen macht, jetzt will ich auch noch was lernen, was ich noch nicht kann“, erzählt Manfred Bauer mit einem Leuchten in den Augen.

Zwar fällt den beiden Weinstädter Originalen der Abschied vom Remstal einerseits schwer, andererseits aber freuen sie sich jetzt schon auf die ruhigere Gangart, die sie in Ostfriesland erwartet. Seit mehr als 30 Jahren fahren sie regelmäßig nach Pilsum in der Nähe von Emden in den Urlaub. Manfred Bauer genießt die gemeinsame Erholung mit seiner Frau am Meer. Die Meeresluft sei sehr gut für sein Asthma und helfe ihm immer wieder, richtig durchatmen zu können, erzählt er.

So richtig von Ruhestand wollen die beiden aber noch nicht sprechen. Sie gingen eher in den verdienten „Unruhestand“. In ihrer neuen Wahlheimat sei zwar alles etwas ruhiger und die Menschen etwas gelassener, dennoch sei rund um Pilsum schon was geboten. Schließlich wolle sie sich noch lange nicht in den Lehnstuhl setzen und nur auf den Deich schauen, erklärt Waltraud Bauer. Sie freut sich auf die zahlreichen Kunstausstellungen, die es dort oben gäbe. Orgelkonzerte, Jazzmusik, eine Kunsthalle – Kultur könne man in Ostfriesland mindestens genau so viel erleben wie hier im Schwabenland. Und außerdem täte eine Luftveränderung einfach auch mal gut, beteuert die Wirtin.

Die Sommerfeste waren legendär

Ihre Stammgäste aus Weinstadt und Umgebung werden die beiden Kultwirte wohl vermissen. Neben dem traditionellen Sankt Martins Gänseessen seien die Silvesterabende mit speziellem Menü ein absolutes Highlight im Fuhrmann. Auch die Sommerfeste, die es bis 2013 regelmäßig gab, waren bei den Stammgästen sehr beliebt und wurden legendär, musste dafür doch zeitweise sogar die Straße vor der Weinstube abgesperrt werden. „Das ist jetzt alles vorbei“, sagt Waltraud Bauer ohne jeden Anflug von Wehmut. Sicher würden sie nach einigen Wochen ihre Weinstube vermissen und oft an die Zeit in Endersbach zurückdenken, sagen die beiden. Sie fühlten sich aber noch fit genug, im hohen Norden noch einmal ein ganz anderes Leben anzufangen. Noch sei es aber nicht soweit, sagt Manfred Bauer, jetzt würde er erst einmal seine Martinsgänse vorbereiten.