Die aussichtsreichen Kandidaten Ursula Kreutel (48) und Daniel Töpfer (25) reden im Streitgespräch über Führungsstil, das Amtsverständnis, den öfter hochkochenden Streit in der Stadt. Die Wahl ist am Sonntag.

Weissach – - Es ist das letzte große Aufeinandertreffen von Ursula Kreutel (Freie Wähler) und Daniel Töpfer (CDU) vor der Wahl. Die LKZ hat zum Streitgespräch geladen und die beiden Kandidaten dazu befragt, wie sie die Gemeinde die nächsten acht Jahre führen wollen. Dabei entstanden spannende Dialoge, klare Aussagen, und ein deutliches Profil der aussichtsreichen Bewerber.
Frau Kreutel, Herr Töpfer, der Wahlkampf ist in die Verlängerung gegangen. Wie haben Sie die beiden vergangenen Wochen um die Wähler geworben?
Ursula Kreutel: Ich war größtenteils durch die Gemeinderatssitzungen und die Vorbereitungen gebunden, da war nicht viel Zeit, extra etwas zu machen. Ich war präsent, habe Gespräche geführt. Die zwei Wochen waren schneller rum als gedacht.
Daniel Töpfer: Ich bin am Montag nach der Wahl erst mal ins Büro, habe mit meinem Chef gesprochen und die letzten acht Tage von meinem Jahresurlaub genommen. Ich habe viele Hausbesuche gemacht, ich wurde viel angesprochen – oft saß ich mit drei oder vier Familien auf der Terrasse. Ich kriege ein gutes Feedback – die Leute wünschen sich einen Neustart.
Das Wort Neustart ist in aller Munde. Nun sagt der Gemeinderat: Es fehlt an Vertrauen. Es gibt negative Schlagzeilen, Wie kann es denn in Weissach jetzt weitergehen?
Kreutel: Wir haben einen neuen Gemeinderat. Erfahrene, aber auch neue Räte sind dabei. Ich bin daher guter Dinge, dass wir zur Sachlichkeit zurückfinden. Es hängt natürlich auch davon ab, wie berichtet wird. Ein politischer Prozess lebt von unterschiedlichen Meinungen – diese sollten sachlich ausgetragen werden.
Der Gemeinderat beklagt ja fehlendes Vertrauen – woran liegt das?
Kreutel: Das kann ich nicht nachvollziehen, weil die Verwaltung eine sehr gute und engagierte Arbeit macht. Die Sache mit den zwölf nicht ausgezählten Stimmen finde ich sehr bedauerlich, weil das ein schlechtes Licht auf die gesamte Verwaltung wirft. Ich selbst darf bei der Organisation der Wahlen nicht beteiligt sein.
Töpfer: Das sehe ich anders. Dieser Fauxpas ist ein Skandal, ein handwerklicher Fehler der Verwaltung. Bei mir wäre so etwas nicht passiert.
Warum wäre das Ihnen nicht passiert?
Töpfer: Weil das eine Wahl ist, die nur alle acht Jahre stattfindet. Die muss man penibel vorbereiten. Das bedeutet, dass man am Samstag und Sonntag noch mal alle Schließ- und Postfächer, alle Briefkästen kontrolliert. Das habe ich in allen Kommunen so erlebt. Was hier passiert, widerstrebt dem allgemeinen Rechtsempfinden. Es tut mir vor allem für die Wähler leid, deren Stimmen jetzt nicht zählen. Unabhängig davon, ob sie für mich sind oder nicht.
Kreutel: Ich habe das auch erst am Mittwoch nach dem Gemeindewahlausschuss erfahren. Als Bürgermeisterkandidat haben Sie an den Briefkästen nichts zu suchen.
Töpfer: Das ist ganz klar, da bin ich mit einverstanden. Aber die Verwaltung muss sicherstellen, dass dieser Ablauf am Wahltag auch wirklich funktioniert. Wenn Herr Kühnemann als Wahlausschuss-Vorsitzender am Montag nicht informiert wird, sondern von der Sache zufällig erfährt, dann kann ich gut nachvollziehen, dass kein Vertrauen mehr da ist.
Haben Sie Reaktionen bekommen?
Töpfer: Die Bürger sind darüber zu Recht empört. Das reiht sich ein in die Reihe von negativen Schlagzeilen, die seit vielen Monaten kommen. Das sind die Bürger leid, das wollen sie nicht mehr. Sie wollen stolz sein auf Weissach und sich nicht rechtfertigen müssen. In der vorletzten Gemeinderatssitzung konnten keine Beschlüsse gefasst werden, weil nicht rechtzeitig eingeladen wurde. Das ist auch ein handwerklicher Fehler, der so nicht passieren darf. Und er wäre mir damit nicht passiert.
Kreutel: Gut, das war natürlich eine Steilvorlage, an der Stelle von Herrn Töpfer würde ich diese auch aufgreifen. Es gab zu dem Vorgang auch Gespräche im Rathaus, die haben aber in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Mitarbeiter können immer Fehler machen. Als Verwaltungschefin muss ich das intern aufklären. Man kann leicht sagen: „Das wäre bei mir nicht passiert“, wenn man keine Erfahrung hat, für 200 Mitarbeiter die Verantwortung zu tragen – ich stehe auch dann hinter meinen Mitarbeitern.
Wenn Sie am Sonntag wieder gewählt werden – wie soll es dann weitergehen? Was wollen Sie anders machen?
Kreutel: Ein erster Schritt wäre, die Zusammenarbeit im Gemeinderat zu verbessern. Wir wollen gemeinsam in Klausur gehen, uns miteinander vereinbaren. Die Gemeinderäte wünschen sich auch untereinander wieder einen sachlicheren Ton. Kritik wird es immer geben – aber die Frage ist, wie und ob man das in der Öffentlichkeit oder untereinander austrägt.
Den Bürgern reicht das aber nicht, die wollen ja auch einen Neuanfang . . .
Kreutel: Ich muss Herrn Töpfer Recht geben: Die Schlagzeilen waren in den vergangenen Wochen nicht besonders gut. Ja, die Bürger wollen stolz sein auf ihre Kommune. Darauf, Porsche-Standort zu sein. Wir müssen sicher an der Darstellung in der Öffentlichkeit arbeiten.
Herr Töpfer, warum glauben Sie, dass Ihnen gelingt, was zwei oder drei Amtsinhaber vor Ihnen nicht geschafft haben – die Konflikte bleiben ja bestehen . . .
Töpfer: Ich bin davon überzeugt, dass ein Faktor in der Gemengelage die Position des Bürgermeisters ist. Ich komme mit einem anderen Anspruch, einer anderen Philosophie in dieses Rathaus. Ich werde Dinge anders und besser machen, mit einem anderen Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz. Und ich bin gänzlich unbefangen und unabhängig.
Die Mitarbeiter werden Ihnen ja nicht gleich vom ersten Tag an vertrauen . . .
Töpfer: Sicher nicht. Es wird ein großes Stück Arbeit sein, das Vertrauen wieder herzustellen. Ich habe viel mitbekommen, was im Rathaus gut und schlecht läuft. Es wird viel zu tun sein, auch aufgrund des starken Personalwechsels. Aber frischer Wind bringt auch eine neue Dynamik, und ich habe ein anderes Verständnis von Führung als Frau Kreutel.
Kreutel: Das glaube ich auch.
Was würden Sie denn genau anders machen als Frau Kreutel?
Töpfer: Ich setze auf Motivation. Und ich würde der Öffentlichkeitsarbeit einen ganz anderen Stellenwert einräumen. Also das Amtsblatt und die Homepage auf den aktuellen Stand bringen, dort über die wichtigen Themen informieren. Beispielsweise einmal im Quartal einen Abriss über die wichtigsten Projekte. Dazu frühzeitig Bürgerbeteiligung. Ich habe gestern mit einem Bürger gesprochen, dem ein Funkturm vor sein Haus gesetzt wurde, ohne dass man mit ihm gesprochen hat. Das hört man immer wieder von vielen Bürgern.
Kreutel: Gerade bei diesem Thema waren wir sehr vorbildlich, es gab Bürgerversammlungen, ein Ingenieur war vor Ort, der Messungen gemacht hat. Wir haben mehrere Standorte gegeneinander abgewogen. Wenn einen das direkt in der Nachbarschaft betrifft, ist man natürlich nicht zufrieden, das ist klar. Wir haben den Wunsch aus der Bevölkerung aufgegriffen, wenn alle Anbieter am Standort installiert haben, nochmals zu messen. Alle wird man nie zufriedenstellen – aber die Summe der Einzelinteressen ist eben auch nicht das Gemeinwohl.
Töpfer: Da haben Sie vollkommen Recht. Aber ich will schon wissen von Ihnen, warum so viele Bürger, die sich nicht abgesprochen haben und ganz woanders wohnen, an unterschiedlichen Tagen nahezu den selben Sachverhalt schildern? Dann müssen die alle bei der Bürgerbeteiligung kollektiv im Urlaub gewesen sein. Da ist grundlegend etwas schiefgegangen.
Kreutel: Herr Töpfer, Sie können hier viel behaupten, wenn der Tag lang ist. Wir müssten uns mit den Bürgern zusammensetzen, um festzustellen, wer wo informiert wurde. Am Beispiel Flachter Feuersee gab es das Gerücht, die Kosten seien völlig aus dem Ruder gelaufen. Bei der Einweihung habe ich darauf hingewiesen, dass die Kosten trotz Überraschungen eingehalten wurden und im Mitteilungsblatt wurde informiert. Im Gespräch räumte ein kritischer Mitbürger ein, das sei ihm entgangen, er habe das Mitteilungsblatt nur überflogen.
Aber die Frage wird immer wieder gestellt: Warum wird im Amtsblatt nicht über den Gemeinderat berichtet? Und warum ist die Homepage häufig nicht aktuell?
Kreutel: Die Antwort ist, dass wir im Hauptamt derzeit unterbesetzt sind. Und die Wahlen viel Kapazitäten in Anspruch genommen haben. Die Fraktionen, die das kritisieren, haben übrigens selbst einen Platz im Mitteilungsblatt. Wir wollen da aktiver werden, aber wir haben da gerade einen sehr hohen Stresspegel.
Töpfer: Ich habe am Mittwoch morgen um 11.30 Uhr auf die Homepage geschaut – da standen immer noch nicht die Bewerber für den zweiten Wahlgang, sondern noch die vom ersten. Gerade beim Thema Wahlen müsste doch die Aktualität der Homepage sichergestellt sein.
Kreutel: Danke für den Hinweis, es wäre schön gewesen, wenn Sie die Gemeinde informiert hätten.
Töpfer: Das ist ja nicht meine Aufgabe. Es wäre schön gewesen, wenn das von der Verwaltung selbst kommt. Und zwar nicht drei Tage vor dem zweiten Wahlgang, sondern direkt am Montag nach dem ersten.
Was genau wollen Sie, abgesehen vom Führungsstil, anders machen?
Töpfer: Ich habe in den sechs Wochen einige Impulse mitgenommen, werde die Projekte auf den Prüfstand stellen und auch Schwerpunkte setzen. Die Baustellen sind klar – das ist das Rathaus, das ist die Ortskernentwicklung. Klar ist, dass ich nicht von heute auf morgen die Welt verändern kann.
Wir wollen aber schon genauer wissen: Was wollen Sie machen, zum Verkehr zu Porsche? Zur Ortskernentwicklung?
Töpfer: Klar. Ich habe bei Porsche immer kommuniziert, dass wir das im Verbund mit den Umlandkommunen lösen müssen. Da heißt die Botschaft Kommunikation statt Konfrontation. Da müssen alle an einen Tisch. Klar ist: ich habe keinen fertigen 60-Punkte-Plan, aber bestehende Beschlüsse müssen auch umgesetzt werden. Bei den Ortskernen würde ich die kommunalen Gebäude nutzen und überprüfen, was wir damit machen können.
Kreutel: Diese Fragen haben wir uns schon gestellt. Und es ist alles am Laufen. Ich brauche keinen Gesprächskreis bilden, den Austausch gibt es bereits seit Jahren. Wir wissen, was Porsche und die Gemeinde Mönsheim wollen und was nicht. Wichtig ist die Südanbindung des Entwicklungszentrums – damit die Autobahn-Ausfahrt Heimsheim eine größere Rolle spielt. Das entlastet uns. Und für die Ortskernsanierung Flacht haben wir uns am Montag für einen Planer entschieden.
Töpfer: Wurde dieser Beschluss überhaupt gefasst? Es hat doch wieder eine Vorlage gefehlt, und die Lage war nicht klar . . .
Kreutel: Es gibt auch nicht-öffentliche Sitzungen, und darüber plaudere ich nicht. Ich wünsche mir, dass wir im Wahlkampf auf Sachlichkeit und Inhalte hören, und nicht auf Worte ohne Inhalt. Wenn man von außen kommt, kann man schnell Behauptungen in den Raum stellen. Aber man muss Aussagen dazu treffen, was für die Kommune wichtig ist.
Töpfer: Ich kann nicht nachvollziehen, dass man einen solchen Beschluss wie über den Ortskern nicht-öffentlich fasst. Nur, weil die Sitzungsunterlagen nicht vollständig sind. Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist mir sehr wichtig, das ist absolut entscheidend in der Gemeindeordnung.
Kreutel: Ich sage nur: Willkommen in der Realität, Herr Töpfer. Vor den Sommerferien drängen sich immer die Termine, wir versuchen einfach, möglichst viele Themen auf die Schiene zu kriegen und Prozesse nicht zu verzögern. Der Gemeinderat sieht es übrigens mehrheitlich genauso.
Töpfer: Wir haben das schon so oft gehört: Wir haben einen Masterplan, es liegt in der Schublade, aber es passiert überhaupt nichts. Beim Verkehr, bei den Ortskernen, die entscheidenden Fragen sind ja nach wie vor offen.
Kreutel: In unserem Konzept „Weissach 2025“ steht drin: Schulstandort stärken, wir haben die Gemeinschaftsschule. Da steht drin: Kinder und Familien fördern, wir bieten Baukindergeld und das Förderprogramm „Mach mit“ und sämtliche Kinderbetreuungsangebote. Drei Viertel der Schlüsselprojekte haben einen Haken dran. Da muss man einfach mal sachlich bleiben.
Kurze Frage, kurze Antwort: Warum sind Sie der bessere Bürgermeister?
Töpfer: Das wäre anmaßend. Ich glaube, dass ich für das Amt geeignet bin und für einen Neustart stehe.
Kreutel: Weil ich es die vergangenen acht Jahre bewiesen habe, dass ich Themen vorangebracht habe und dass wir sehr viel miteinander in Weissach erreicht haben.
Wie geht die Wahl aus, und was machen Sie am Tag nach der Wahl?
Kreutel: Die Wahl wird zu meinen Gunsten ausgehen, und am Montag gehe ich wieder in mein Büro.
Töpfer: Das entscheidet der Bürger. Ich hoffe natürlich auf einen Wahlsieg. Am Tag nach der Wahl werde ich wieder ins Büro gehen und schauen, wie es weitergeht.