Bernd Hecktor zieht sich nach 27 Jahren aus gesundheitlichen Gründen aus dem Gemeinderat zurück – ganz zurücklehnen wird er sich aber nicht.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Weissach im Tal - Washington D. C., Anfang der 1970er Jahre. Die Antikriegsbewegung ist auf ihrem Höhepunkt angelangt, in der US-amerikanischen Hauptstadt nimmt der Radiosender WGTB das Zeitgeschehen und den Krieg in Vietnam unter die Lupe – aus Sicht der Arbeiterklasse und so regierungskritisch, dass er selbst dem Vizepräsidenten Spiro Agnew ein Dorn im Auge ist. Unter den Journalisten, die für WGTB arbeiten, ist auch ein junger Mann aus Deutschland namens Bernd Hecktor.

 

Immer ein politischer Mensch

Als dieser 1980 nach Weissach im Tal zieht, legt er die obrigkeitskritische Haltung nicht ab. Hat er nie – auch in diesen Tagen nicht, in denen er nach 27 Jahren im Weissacher Gemeinderat sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgibt. Das Herz macht Probleme, sogar seine Skulpturen muss der 68-Jährige seit einiger Zeit deswegen etwas kleiner bauen. Dass der Alt-68er sich jetzt ins stille Kämmerchen zurückzieht, glaubt aber auch niemand. Er selbst am allerwenigsten: „Das geht doch gar nicht, dafür bin ich ein viel zu politischer Mensch“, sagt Hecktor.

Der gebürtige Pfälzer musste sich im Schwabenland schon eine Weile eingewöhnen, immer wieder zog es ihn in die Heimat zurück. „Aber ich bin hier auch sehr herzlich aufgenommen worden und fühle mich hier sehr wohl“, sagt er. Nicht, dass es in all den Jahren nichts zu verbessern gegeben hätte: „Hier ist alles sehr autozentriert“, fand Hecktor immer. Dass bei der Stadtplanung auch im Autoland Baden-Württemberg auf die Bedürfnisse von Radfahrern und Fußgängern geachtet wird, lag ihm und der Liste Weissacher Bürger immer am Herzen. Ein weiterer Erfolg: „Wir konnten viele umweltpolitische Themen einbringen.“ Und das ziemlich erfolgreich: Das CO2-Spar-Programm war die Grundlage für einige Umweltpreise, die die Gemeinde gewinnen konnte.

Atomwaffenfreie Gemeinde

Fest verbunden war – und ist – Hecktor mit der Friedensbewegung. Auch auf kommunaler Ebene könne man da etwas tun, das ist seine Überzeugung. Er und seine Mitstreiter setzten sich in den 1980er Jahren dafür ein, dass sich Weissach offiziell zur „atomwaffenfreien Gemeinde“ erklärte – reine Symbolpolitik, aber immerhin. Auch die Wasserversorgung blieb auf Betreiben von Hecktor und der Liste Weissacher Bürger in der Hand der Gemeinde. Doch nicht immer gelangen seine Kämpfe: „Dass wir im vergangenen Jahr das Stromnetz nicht kaufen konnten, fand ich sehr schade“, sagt er bedauernd.

Die Welt für den Gemeinderat dreht sich weiter: Darauf, dass erschwingliche Wohnungen bei der Neugestaltung des Rombold-Areals nicht unter den Tisch fallen, werden jetzt seine Kollegen achten müssen. Dem öffentlichen Leben in Weissach bleibt der umtriebige Hecktor mit der charakteristischen Löwenmähne aber erhalten: Er will sich in Zukunft weiterhin in der Friedensinitiative engagieren und sich wieder stärker seiner Kunst widmen. Die besteht nicht nur aus Skulpturen, sondern auch aus dem Buch „Dass lossen mer“ – geschrieben in Pfälzer Mundart. Die bisherigen Lesungen in der Pfalz, aber auch in Schwaben waren so erfolgreich, dass derzeit ein Hörbuch in Produktion ist, gesprochen von Hecktor persönlich.