Das Entwicklungszentrum wächst und wächst. Für seinen Elektro-Sportwagen will der Autobauer jetzt zusätzliches Fachpersonal holen. Wie viel Porsche verträgt der Ort? – diese Frage wird in der Gemeinde kontrovers diskutiert.

Weissach - Wenn sie im Ort unterwegs ist, gibt es vor allem ein Thema, auf das Adelheid Streckfuß angesprochen wird: Porsche. „Vor allem klagen die Menschen dann über den Verkehr“, hat die Gemeinderätin festgestellt. Vor allem die vielen, vielen Autos morgens und abends seien es, die Weissacher und Flachter sehr in ihrer Lebensqualität einschränken. „Das Thema brennt uns doch sehr unter den Nägeln“, berichtet die Rätin, die die Unabhängige Liste vertritt.

 

6500 Menschen arbeiten mittlerweile auf dem grünen Posche-Hügel zwischen Weissach, Flacht und Mönsheim. Und damit ist der Expansionskurs des Autobauers noch lange nicht abgeschlossen, denn er hat Großes vor: „Mission E“ heißt das Stichwort, das Ziel: der erste rein elektrisch betriebene Sportwagen soll von 2019 an vom Zuffenhausener Band rollen. Bis es so weit ist, sind natürlich besonders die Tüftler am Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach gefragt.

„Dafür schaffen wir am Standort Weissach etwa 150 zusätzliche Stellen“, sagt der Porsche-Pressesprecher Matthias Rauter. Dies seien vor allem hoch qualifizierte Ingenieurstellen über alle Fachrichtungen hinweg, die man in den nächsten zwei bis drei Jahren in Weissach aufstocken wolle.

Wie viel Porsche verträgt Weissach?

Zusätzliche Stellen, was die Weissacher hauptsächlich durch zusätzlichen Verkehr spüren werden. „Mich überrascht das aber gar nicht mehr“, sagt die Gemeinderätin Adelheid Streckfuß, die viel im Ort unterwegs ist und diesen Ärger der Menschen abbekommt. Und sich dabei aber vor allem die Frage stellt: Wie viel Porsche verträgt eigentlich Weissach? „Solange wir keine gute Möglichkeit gefunden haben, den vielen Pendlerverkehr aus unseren Orten rauszubekommen, kann sich Porsche auf keinen Fall vergrößern“, lautet ihre klare Antwort.

Spätestens, als im vergangenen Jahr die Nachricht kam, dass von Porsche nicht einmal mehr die vielen Gewerbesteuer-Millionen zu erwarten sind, ist die Stimmung bei vielen Weissachern gekippt. „Und wir müssen ja trotzdem investieren und die Infrastruktur, zum Beispiel die Kläranlage, unterhalten“, sagt Adelheid Streckfuß. „Da beteiligt sich Porsche zwar, aber dennoch bleiben hohe Kosten an der Gemeinde hängen.“ Sie bringt das auf die kurze Formel: „Geht’s Porsche schlecht, geht’s der ganzen Gemeinde schlecht.“

Das will die Porsche AG selbst so nicht stehen lassen. „Die Gemeinde Weissach hat in den vergangenen Jahren erheblich von den Gewerbesteuerzahlungen von Porsche profitiert“, sagt Nicole Lay, die Pressesprecherin des Weissacher Porsche-Werks. Selbstverständlich sei sich der Sportwagenhersteller seiner gesellschaftlichen Verantwortung sehr bewusst, erklärt sie: „Wir engagieren uns in vielfältiger Weise. Jüngstes Beispiel ist eine Spende von Porsche an die Gemeinde Weissach zur umweltfreundlichen Umrüstung der örtlichen Straßenbeleuchtung.“

Verkehr ist das Hauptthema

Damit sind Weissachs Straßen umweltfreundlich beleuchtet – aber wie viel Verkehr soll auf ihnen noch rollen? Das bleibt das Hauptthema. Hier soll in einigen Jahren eine neue Südzufahrt Abhilfe schaffen, über die Porsche-Mitarbeiter direkt von der Autobahn das Entwicklungszentrum ansteuern können.

„Das ist wichtig, da muss man dran bleiben“, sagt Andreas Pröllochs von der Bürgerliste. Mit dem richtigen Parkraumkonzept – genügend Parkplätze an dieser neuen Südzufahrt also – sei Porsche in Weissach dann auf dem richtigen Weg. „Schließlich sind doch alle Weissacher froh, dass wir Porsche haben“, so Pröllochs. Aber auch er sagt mittlerweile: „Auf Weissacher Gemarkung ist die Porsche-Expansion erschöpft – da können wir nicht mehr erweitern.“

Seit 1961 tüfteln Automobil-Ingenieure in Weissach, seitdem hat sich ihr Werk vergrößert und vergrößert. Mittlerweile kümmern sich die Weissacher Porsche-Chefs aber um ein gutes Verhältnis zu ihrer Heimat-Kommune – das betonen alle Gemeinderäte. Es gibt etwa einen gemeinsamen Ausschuss, in dem Infrastrukturthemen besprochen werden. „Da bekommen wir eben einen Planungshorizont von zwei oder drei Jahren“, sagt Andreas Pröllochs. Das könnte Porsche seiner Meinung nach noch ausbauen – dann wäre auch der Vorwurf der Salami-Taktik vom Tisch, den viele Weissacher erheben. „Hätten wir zum Beispiel gewusst, dass Porsche so groß in seinen Weissacher Standort investieren will, dann hätten wir das Thema Verkehr viel früher angreifen können“, erklärt er.