Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) plant eine Öffnung des Arbeitszeitgesetzes – in einer zweijährigen Experimentierphase für alle Tarifpartner. Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) drängt jedoch zum rascheren Handeln.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Berlin - Nach einem zweijährigen Dialog mit Arbeitgebern, Gewerkschaften, Wissenschaftlern und weiteren Fachleuten hat Bundesarbeitsministerin Angela Nahles (SPD) ein Weißbuch für das Arbeiten 4.0 vorgestellt. Es ist als Diskussionsentwurf gedacht, um der Arbeitswelt der Zukunft Leitplanken unter dem Motto „Gute Arbeit im digitalen Wandel“ zu geben, so Nahles vor 800 Experten in Berlin.

 

Zentrales Element ist ein „Wahlarbeitszeit-Gesetz“ mit neuen Optionen, um den Beruf besser der jeweiligen Lebensphase anzupassen. Die Beschäftigten sollen neue Rechte erhalten und mit dem Unternehmen Ort und Zeit ihrer Arbeit erörtern dürfen: ein Home-office etwa oder die mehrfache Überschreitung der gesetzlichen Tageshöchstarbeitszeit von zehn Stunden. „Es muss nicht immer der Achtstundentag sein, aber als Norm bleibt er wichtig“, sagte sie. Ruhezeiten sollen dann zeitnah an anderer Stelle verlängert werden.

Auch die Start-ups im Blick

Ziel ist es, den Bedürfnissen des Unternehmens und des Beschäftigten nach mehr Flexibilität Genüge zu tun, insbesondere nach einer besseren Kinderbetreuung für Berufstätige. In einer zweijährigen Experimentierphase sollen Arbeitgeber und Gewerkschaften, sofern sie in der Tarifbindung sind, neue Möglichkeiten ausprobieren können, ohne vom Arbeitszeitgesetz gebremst zu werden. „Es geht hier nicht um eine beliebige Öffnung, sondern um Gestaltung“, sagte Yasmin Fahimi, Staatssekretärin im Arbeitsministerium. „Wir wollen die Tarifpartner in Szene setzen.“ In dem zweijährigen „Lernraum“ solle auch erkundet werden, inwieweit die Mehrarbeit insgesamt gedrückt werden kann. Im Blick hat Nahles zudem die jungen Firmen, die sich im starren Arbeitszeitgesetz nicht wiederfinden. „Wir müssen uns alle mehr anstrengen“, mahnte sie, damit man die Start-ups mit neuen Ideen noch erreiche. „Wie kommunizieren wir mit ihnen, ohne das Silicon Valley als Kopiervorlage zu nehmen?“