Am 31. Oktober soll es sieben Milliarden Menschen geben – die Tendenz ist problematisch. Es müssen mehr Lebensmittel hergestellt werden.

Stuttgart - Die Menschheit befindet sich derzeit inmitten des größten demografischen Umbruchs ihrer Geschichte. Einige Kennziffern dieser Entwicklung: jede Sekunde kommen fast drei neue Erdenbürger hinzu. Zwischen 1960 und 2000 hat sich die Zahl der Menschen verdoppelt. Und noch in diesem Jahr wird die Siebenmilliardenmarke überschritten, die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) nennt dafür den 31. Oktober als Stichtag.

 

Die DSW geht davon aus, ebenso wie die Vereinten Nationen, dass das Wachstum vor allem von den Entwicklungsländern befördert wird. "Dort wird die Bevölkerung in den kommenden vier Jahrzehnten von heute 5,7 Milliarden auf voraussichtlich fast acht Milliarden Menschen wachsen", heißt es bei der DSW. "In den Industrieländern hingegen bleibt die Bevölkerungszahl relativ stabil. Hier kommen bis 2050 lediglich rund 70 Millionen Menschen hinzu. In Deutschland wird die Einwohnerzahl bis dahin um voraussichtlich sieben Millionen auf 75 Millionen Menschen sinken."

Bevölkerung in Entwicklungsländern nimmt zu, in Europa ab

Insgesamt könnte die Zahl der Menschen bis zum heute noch fernen Jahr 2100 gar auf bis zu 15,8 Milliarden steigen - dies ist allerdings die Obergrenze in einer Abschätzung der Vereinten Nationen. Eher wahrscheinlich sind 10,1 Milliarden. Dieses Wachstum wird hauptsächlich von den hohen Geburtenraten in Entwicklungsländern im südlichen Afrika und in Südasien getrieben. Allein in Afrika wird sich die Bevölkerung von heute 1,02 Milliarden auf voraussichtlich knapp 3,6 Milliarden Menschen im Jahr 2100 mehr als verdreifachen. In Europa hingegen nimmt die Bevölkerung ab: von heute noch 738 Millionen Menschen auf nur noch 674 Millionen am Ende des Jahrhunderts.

Das stellt die Menschheit vor riesige Aufgaben, denn mit der schieren Zahl wachsen der Konsum, der Energieverbrauch, die Zahl der Autos und die benötigten Flächen für die Landwirtschaft. Zugleich schrumpfen der Wald und die Artenvielfalt insgesamt. In den reichen Ländern, in denen die Zahl der Menschen vielfach zurückgeht, sorgen sich die Menschen um ihre Altersvorsorge und den Fortbestand der Sozialsysteme. "Der globale Ausblick ist durch eine Vielzahl von Unsicherheiten schwierig, dazu zählen Infektionskrankheiten, Krieg, der wissenschaftliche Fortschritt, politische Änderungen und unsere Fähigkeit zur globalen Zusammenarbeit", schreibt David Bloom von der Harvard-Universität im Wissenschaftsmagazin "Science". 

Eigentlich genug für alle zu essen da, trotzdem hungern viele

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon beklagte im Juli besonders die ungleiche Verteilung von Lebensmitteln auf der Erde: "Wir haben für jeden genug zu essen, und doch hungern etwa eine Milliarde Menschen." Sollte die landwirtschaftliche Produktion nicht drastisch verbessert werden, müssten alle Verzicht üben. "Wir müssen in den kommenden 40 Jahren die gleiche Menge von Lebensmitteln herstellen wie in den letzten 8000 Jahren", sagt Jason Clay von der Umweltorganisation WWF.

Clay ist für die Wald-, Fischerei- und Landwirtschaftsinitiativen des WWF verantwortlich. Ändere sich nichts an den bisherigen Gewohnheiten, benötigten die Menschen im Jahr 2050 drei Erden, um ihren Bedarf zu decken. Gleichzeitig gibt es eine "verschwenderische Nachlässigkeit gegenüber Nahrungsmitteln", beklagt Tristram Stuart, einer der Autoren des diesjährigen Worldwatch-Berichts zum Zustand des Planeten. Als Beispiele zählt er auf: "Kosmetisch mangelhafte' Agrarprodukte wegzuschmeißen, essbare Fische als Beifang auf See zu entsorgen, übervolle Lager in Supermärkten und zu viel Essen für daheim zu kaufen oder zuzubereiten."

Chinas Bevölkerung altert schnell

Wann immer es um die Weltbevölkerung geht, richtet sich besonderes Augenmerk auf China, das bevölkerungsreichste Land der Welt. Dort lebten 2010 insgesamt 1,3397 Milliarden Menschen, berichtet Xizhe Peng von der Fudan-Universität in Shanghai. Das Reich stehe derzeit an einer wichtigen Wegmarke: "Es ändert sich von einer Agrargesellschaft zu einer städtischen, von einer jungen zu einer alten, und hin zu einem mobilen Lebensstil."

Zugleich altern die Chinesen. Der Anteil der Menschen bis 14 Jahre betrug im Jahr 2000 noch 22,9 Prozent, 2010 lag er bei 16,6 Prozent. Währenddessen stieg die Zahl der 65-Jährigen und Älteren von 7,0 auf 8,9 Prozent. "Die zeigt, dass Chinas Bevölkerung schnell altert", schreibt Peng. Zudem leben auch immer mehr Chinesen in den Städten - es ist bereits fast die Hälfte.

Es muss länger gearbeitet werden

Auch in Europa altern die Menschen, berichtet das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Ursachen seien Kindermangel und eine steigende Lebenserwartung. "Im Schnitt bekommt eine EU-Bürgerin 1,6 Kinder, nötig für eine demografisch stabile Gesellschaft wären etwas über zwei Kinder." Außerdem werden die Europäer immer älter. In den vergangenen 50 Jahren stieg ihre Lebenserwartung um fünf Jahre, bis 2060 werden weitere sieben hinzukommen. "Die größte Herausforderung für die europäischen Rentensysteme besteht darin, ein angemessenes Rentenniveau zu erreichen oder zu halten und zugleich nicht die zukünftigen Erwerbstätigen zu stark zu belasten. Letzteres kann nur gelingen, wenn in Zukunft mehr Menschen länger berufstätig sind."

Die Bevölkerungsuhr im Internet. 

Man drängt sich in Städten

Bevölkerungsdichte

In vielen Regionen der Welt ist es bereits jetzt eng – und es wird noch enger werden. In Asien ist die Bevölkerungsdichte bei Weitem am größten: Hier kommen 132 Menschen auf einen Quadratkilometer. Das ist grob betrachtet viermal so viel wie in Afrika, Europa, Lateinamerika und der Karibik. Das am dichtesten besiedelte Land ist Monaco (24.000 Menschen je Quadratkilometer), gefolgt von Singapur (7600) und Bahrain (1900). Viel Platz ist in der Mongolei (1,8), Namibia (2,4) und Australien (2,9).

Metropolen

Großstädte bilden weltweit das Rückgrat der Weltwirtschaft, heißt es in einer Untersuchung aus dem vergangenen Jahr, an der unter anderem die London School of Economics mitgewirkt hatte. Mittlerweile stamme fast die Hälfte der weltweiten Wertschöpfung aus 150 großen Städteregionen. In den 150 Ballungsgebieten erwirtschaften demnach 12 Prozent der Weltbevölkerung etwa 46 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.