Auf dem Weltenergiekongress im südkoreanischen Daegu dominieren die klassischen, großen Energiekonzerne. Doch auch sie setzen zunehmend auf unkonventionelle Energiequellen etwa aus der Tiefsee oder aus schwer zugänglichen Lagerstätten.

Daegu - In Frank Schätzings Thriller „Der Schwarm“ ist der Stoff Auslöser einer weltweiten Katastrophe. Er wird immer wieder als Grund für die Schiffskatastrophen im legendären Bermudadreieck angeführt, und für den Inselstaat Japan stellt er eine große Hoffnung dar: Methanhydrat ist ein faszinierender Stoff. Nur unter großem Druck und bei niedrigen Temperaturen lagert sich das Methangas tief unter der Meeresoberfläche ein. In der Tiefsee und in Permafrostböden werden allerdings Vorkommen vermutet, die weit größer sind als die von Öl, Kohle und Erdgas zusammengenommen.

 

Das weckt Begehrlichkeiten, zumal in Japan, vor dessen ins Meer steil abfallenden Küsten riesige Methanhydratvorkommen liegen sollen und das ansonsten keine eigenen Energiequellen hat. Entsprechend engagiert versucht der Staat, den vor dreieinhalb Jahren die Atomkatastrophe von Fukushima erschüttert hat, an den begehrten Stoff heranzukommen. Das aber ist gar nicht so einfach, denn das Gas verflüchtigt sich schnell in die Atmosphäre, sobald der Druck nachlässt oder wenn die Temperaturen steigen.

Osamu Watanabe ist dennoch zuversichtlich. Der Präsident des japanischen Förderunternehmens Japex (Japan Petroleum Exploration Co.) berichtete auf dem Weltenergiekongress im südkoreanischen Daegu, dass erste Förderversuche sowohl vor der kanadischen als auch vor der japanischen Küste Erfolg versprechend verlaufen seien und man vor Südostjapan auch schon ein Feld gefunden habe, mit dem man den Energiebedarf der Inseln 100 Jahre lang decken könnte.

Wann genau die kommerzielle Förderung beginnen kann, mag Watanabe im Rahmen der Diskussionsrunde allerdings nicht recht sagen. Auf direkte Nachfrage nannte der Japaner das Jahr 2020 und schob hinterher: „hoffe ich“. Methanhydrat ist nicht nur extrem instabil, es muss zudem in großen Tiefen gefördert werden und ist nicht selten mit Sand verbunden, der die Bohrtechnik verstopft. „Wir werden dafür teilweise völlig neue Fördertechniken erfinden müssen“, sagte Watanabe .

Die Förderung wird teurer werden

Schwierige und teure Förderbedingungen – das haben naturgemäß die meisten Energieformen gemeinsam, auf welche die Welt in Zukunft setzen kann. Der Grund dafür liegt auf der Hand: denn diejenigen Energieträger, die leicht zu fördern sind, hat die Welt als erste ausgebeutet. Dennoch ist Methanhydrat der exotischste Stoff, der in der Diskussionsrunde in Daegu genannt wird. Alle anderen Energieträger sind fossiler Art: es sind sogenannte unkonventionelle Gas- und Erdölvorkommen, also Rohstoffe, die in Sanden, Kohle- oder Schieferschichten eingeschlossen sind oder im ewigen Eis oder der Tiefsee liegen.

Um zu verdeutlichen, wie dringend es notwendig sei, diese Energievorkommen zu erschließen, zitierte der Chef von Siemens Öl und Gas, Adil Toubia, den Weltenergieausblick, den die Ölgesellschaft BP jährlich aktualisiert. Derzeit lautet die Prognose, dass der weltweite Energieverbrauch bis zum Jahr 2040 gegenüber dem Jahr 2011 um 36 Prozent steigen wird. Doch „es gibt keinen Mangel an Ressourcen, wie man ihn noch vor ein paar Jahren gefürchtet hat“. Das wiederum liegt nicht zuletzt daran, dass der hohe Ölpreis, der sich mittlerweile bei mehr als 100 Dollar für das Barrel (159 Liter) eingependelt hat, die aufwendige Förderung von unkonventionellem Öl und Gas lukrativ macht.

Das beflügelt Unternehmen wie die estnische Eesti Energia, die aus „purem Mangel an Energiealternativen“ ihrem Chef Sandor Liive zufolge schon seit 100 Jahren Erfahrung mit der Förderung von Schieferöl hat. Rund 90 Prozent des in Estland erzeugten Stroms wird aus Schieferöl produziert. Der Preis dafür sind extrem hohe Kohlendioxidemissionen. Allerdings ist der Rohstoff aus den estnischen Vorkommen aus geologischen Gründen vergleichsweise günstig zu fördern, weil das eingelagerte Öl ungewöhnlich hochwertig ist. Der im Gestein enthaltene Rohstoff hat in der Regel die Form von Kerogen, einer Vorstufe von Erdöl. Kerogen muss zunächst auf weit über 300 Grad erhitzt werden, bevor er gelöst werden kann.

Estlands jahrzehntelanges Knowhow hilft Eesti Energia nun, auch schwierigere Vorkommen zu erschließen – in Jordanien und dem US-Bundesstaat Utah sind die Balten bereits aktiv. Weltweit schätzt Liive die Schieferölvorkommen auf das Vierfache dessen, was noch an konventionellem Öl weltweit förderbar ist. Etwa drei Viertel davon werden in den US-Bundesstaaten Utah, Wyoming und Colorado vermutet. Bisher galten die dortigen Vorkommen aber nicht als wirtschaftlich förderbar. „Das wird die nächste Energierevolution nach dem amerikanischen Schiefergas“, sagt der Energiemanager aus dem Baltikum voraus.

Was ist der Weltenergiekongress?

Konferenz
– Der in dreijährigem Turnus stattfindende World Energy Congress ist das weltgrößte Treffen der Branche. Mehr als 6000 Menschen aus 113 Ländern diskutieren noch bis Donnerstag im südkoreanischen Daegu über die weltweiten Entwicklungen und Herausforderungen in Energiefragen.

Stimmen –
Vertreten sind allerdings fast ausschließlich Vertreter großer Unternehmen aus dem Bereich der konventionellen Energieerzeugung. Entsprechend sieht auch die Besetzung der Diskussionsrunden aus: Verfechter regenerativer Energien, Forscher oder Umweltschützer kommen so gut wie nicht zu Wort.

Alternativen
– Neben den im Artikel genannten Energieträgern gibt es weitere, die in Zukunft eine tragende Rolle spielen könnten: Dazu zählen etwa erneuerbare Energien wie Offshore-Windkraft, also Windenergieanlagen im Meer, weiterentwickelte Formen von Solar- und Windenergie oder auch die Kernfusion.