Die aktuellen Krisen der Welt – Gaza und Ukraine – haben die Veranstaltungen zum Weltkriegsgedenken in London und Lüttich überschattet.

Lüttich - Mit einer Gedenkveranstaltung in Lüttich hat Belgien des Beginns des Ersten Weltkrieges gedacht. König Philippe erinnerte in seiner Rede an den Angriff des deutschen Kaiserreichs am 4. August 1914 auf Belgien, womit die belgische Neutralität geschunden wurde und Großbritannien dem deutschen Kaiserreich den Krieg erklärte. ,,Ein friedliches Europa, ein vereintes Europa, ein demokratisches Europa, davon träumen unsere Großeltern. Heute haben wir es. Lasst es uns bewahren und verbessern,‘‘ sagte der belgischen König in seiner Gedenkrede.

 

Unter den Ehrengästen waren auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, der französische Präsident Francois Hollande sowie das britische Prinzenpaar William und Kate. Gauck sagte, Europa könne nicht wegsehen, wenn irgendwo Menschenrechte verletzt würden. ,,Europa wird nun gelenkt durch die Kraft des Rechts und nicht durch das Recht des Stärkeren.‘‘ Er bedankte sich bei Belgien dafür, dass er eingeladen worden sei. Francois Hollande sagte: ,,Wir können nicht neutral bleiben bei Konflikten in der Ukraine, dem Gaza-Streifen oder dem Irak.‘‘

Der belgische Premier Elio Di Rupo erinnerte in seiner Gedenkrede an den tapferen Widerstand des belgischen Soldaten in den ersten Kriegstagen und an die vielen zivilen Opfer, die der Erste Weltkrieg forderte. ,,Viele unserer Dörfer und Städten haben heute noch die Narben dieses Krieges, der vor 100 Jahren begann.‘‘ In Belgien nennt man den Ersten Weltkrieg den ,,Großen Krieg.‘‘ Die Niederlande waren während dieses ,,Großen Krieges‘‘ neutral. Viele Belgier flüchteten damals in das nördliche Nachbarland, wo sie während des Ersten Weltkrieges in Sicherheit waren. Zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkrieges legte König Philippe einen Kranz nieder. Dann erklang der ,,Last Post‘‘ und es spielten eine belgische und eine deutsche Militärkapelle gemeinsam die europäische Hymne ,,Ode an die Freude‘‘ sowie die belgische Nationalhymne.

In Großbritannien wird verdunkelt – als Erinnerung

In Großbritannien hatte die Regierung für Montagabend eine Verdunkelung angeordnet. Das Kriegsgedenken, fand man in Downing Street, erfordere etwas Besonderes. Also sollten alle großen Gebäude im Lande, von Westminster Abbey bis zum Vergnügungs-Tower in Blackpool, zwischen 22 und 23 Uhr die Beleuchtung herunter drehen. Auch die Bevölkerung wurde aufgefordert, das Licht in ihren Häusern zu löschen. „Light Out!“ war die Parole der Veteranen-Verbände. Die Insel sollte zurück ins Dunkel sinken. Auf die Idee hatte die Briten der berühmte Ausspruch eines früheren Außenministers gebracht. Sir Edward Grey, Chef des Foreign Office im Sommer 1914, hatte am Vorabend der britischen Kriegserklärung an Berlin aus dem Fenster auf die Gaslampen in St.James´s Park geblickt und gesagt: „Überall in Europa gehen jetzt die Lampen aus. Wir werden sie zu unseren Lebzeiten nicht wieder angehen sehen.“

Die Trauer und Vorahnung, die sich mit diesem Ausspruch verband, schienen den Koordinatoren des britischen Gedenkens angemessen. Ob Greys Vorahnung der kommenden Katastrophe ihn nicht vom Einstieg in den Konflikt hätte abhalten sollen: Diese Frage zu stellen, überließ man einzelnen Kommentatoren und Historikern, die mittlerweile auch in England der offiziellen Version vom Kriegsbeginn auf den Zahn fühlen. Für die meisten Briten freilich ist es nie eine Frage gewesen. Noch Premier David Cameron beharrte am Montag darauf, dass die Nation sich damals „einer Sache“ verschrieben habe – nämlich „dass Europa nicht von einer einzelnen Macht dominiert werden darf“. Oppositionsführer Ed Miliband erklärte seinerseits, Britannien sei „für die Freiheit“ in die Schlacht gezogen. In Dublin oder Kalkutta hätte man das 1914 vielleicht nicht ganz so gesehen, warfen Spötter ein. Leichter als eine neue Debatte über den Kriegsbeginn fällte den Politikern und Medien auf der Insel, sich in Einzelschicksale und in soldatischen „Heroismus“, an der Heimatfront zu vertiefen.