Im wahrsten Sinn ohne Netz und doppelten Boden zeigen die US-amerikanischen Trapez-Artisten Blaze Birge und David Jones beim Weltweihnachtscircus ihre atemberaubenden Stunts.

Stuttgart - Sie hat Kunst und Philosophie studiert, er ist gelernter Akupunkteur und Koch. Das mag zunächst nicht extrem spannend klingen, und doch halten Hunderte von Menschen die Luft an, wenn sie das Ehepaar aus Kalifornien (USA) sehen. Denn die beiden sind schon vor mehr als zehn Jahren beruflich umgestiegen – aufs Trapez. Im wahrsten Sinn ohne Netz und doppelten Boden zeigen Blaze Birge und David Jones beim Weltweihnachtscircus ihre atemberaubenden Stunts.

 

Die siebenjährige Jacy braucht Nerven wie Drahtseile, wenn ihre Eltern als „Daring Jones Duo“ zur Swing-Musik durch die Luft sausen. „Ihr macht das nichts aus. Für sie ist es Teil ihres Lebens“, sagt der 35-jährige Artist und Vater. Und seine vier Jahre ältere Frau ergänzt: „Wenn man immer sicher lebt, dann verliert man etwas im Leben. Risiko hat etwas Magisches.“

Erster gemeinsamer Auftritt vor zehn Jahren

Den Zuschauern jedenfalls entweicht hin und wieder sogar mal ein Schreckensschrei, wenn einer von beiden bei der rasanten und graziösen Nummer scheinbar in die Tiefe fällt – bis sie erleichtert feststellen: Das Paar hat alles sicher im Griff.

Während ihrer Zeit als Performancekünstlerin hat sich Blaze Birge 1999 bei einer traditionellen rumänischen Zirkusfamilie in Großbritannien ins Trapez vernarrt. 2002 gründete sie den Flynn-Creek-Circus in den USA und gab Kurse. Einer ihrer Schüler war David Jones. Er vernarrte sich in sie. 2004 hatten sie ihren ersten gemeinsamen Auftritt.

Mittlerweile darf auch die niedliche Jacy mit ihren blonden Engelslöckchen hin und wieder kleinere Nummern auf der Bühne zeigen. Aber beim Training am Trapez schieben die Eltern in Stuttgart einen Riegel vor. Das wäre Ihnen hier zu gefährlich, weil das Reck im Zelt auf dem Wasen nicht abgesenkt werden kann.

Der Familie gefällt der Stuttgarter Weihnachtsmarkt

Die kleine Familie ist in der ganzen Welt zuhause. Normalerweise besucht Jacy dort die Schule, wo ihre Eltern gerade Station machen. Doch nicht im Moment. „Sie lernt gerade lesen, und da möchten wir sie nicht mit einer zweiten Sprache verwirren“, sagt Blaze Birge. In Amerika sei es leichter als in Deutschland, die Kinder bei Bedarf zuhause zu unterrichten.

Im Weltweihnachtscircus auftreten zu dürfen, betrachten die beiden als eine große Ehre. „Hier sind so tolle Künstler, und wir sind in der gleichen Show wie sie“, sagt der 35-jährige Artist bescheiden. Dabei hat auch das Ehepaar bereits mehrere Medaillen und Preise bei europäischen Zirkusfestivals gewonnen. In Stuttgart gefällt ihnen, vor allem der Weihnachtsmarkt mit der Eisbahn. Aber sie sind auch nicht traurig, dass es nach Ende der Show mal wieder für ein paar Monate in die amerikanische Heimat geht.

Ihr Ziel: den Zirkus in Amerika neu zu definieren

Für die Zukunft haben sie sich einiges vorgenommen. Eine Messerwurfnummer ist in Arbeit. Risiko, Teil zwei! Zunächst sollen beide Acts eine Zeit lang parallel aufgeführt werden. Auch eine Kombination sei denkbar, sind sich beide einig. Irgendwann würden sie dann wohl das Trapez an den Nagel hängen. „Wir werden nicht jünger...“, sagt sie, „…aber noch geht es gut“, ergänzt er.

Ihr großes Ziel ist, den Zirkus in Amerika neu zu definieren. Bislang gebe es dort nur moderne Akrobatik und den „Cirque du Soleil“. Birge sagt: „Einen traditionellen Zirkus, wie man ihn in Europa hat, kennt man da bislang gar nicht.“

Der Weltweihnachtscircus gastiert noch bis zum 6. Januar auf dem Cannstatter Wasen. Karten kosten regulär zwischen 28,90 und 67,90 Euro, Kinder zahlen jeweils drei Euro weniger.