Wolfgang G. Müller ist Oberbürgermeister der Stadt Lahr im Schwarzwald. Bei einem weltweiten Bürgermeister-Wettbewerb wurde der SPD-Politiker Zweiter.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Lahr - Wolfgang Müller, seit 20 Jahren Oberbürgermeister von Lahr, darf sich neuerdings als Vize-Weltbürgermeister bezeichnen. Die britische City Mayors Foundation kürte ihn und seine Stadt für die Integration deutschstämmiger Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion.

 
Herr Müller, wie fühlt man sich, wenn man Oberbürgermeister aus Athen, Lampedusa, Danzig oder Aleppo im Wettbewerb hinter sich gelassen hat?
Ich bin Realist und bleibe bescheiden. Wir wissen, dass wir in Lahr nicht die Herausforderungen von Städten in Krisengebieten wie Aleppo haben. Man kann die Situationen auch nicht vergleichen. Aber es gab einen internationalen Wettbewerb, es gab eine Jury, und es gab eine Entscheidung. Und die freut mich und uns. Das ist natürlich kein Preis allein für mich, sondern einer für alle, die an dieser Integrationsarbeit beteiligt sind.
Wer hat Sie denn nominiert?
Das weiß ich bis heute nicht. Ich habe die Nominierung erst spät wahrgenommen. Aber man kann sich dann nicht mehr einfach abmelden. Deshalb haben wir die Chance genutzt und die Aufgaben, die uns gestellt wurden, gelöst. Mich freut besonders, dass ich die meisten persönlichen Unterstützer hatte. Vielleicht liegt das daran, dass außerhalb von Großstädten ein solcher Wettbewerb mehr Aufmerksamkeit erregt. Aber es hatte jeder die gleichen Möglichkeiten.
Niemand hat aber in Lahr ernsthaft damit gerechnet, dass Sie am Ende als Zweiter auf dem Siegertreppchen stehen. Haben Sie damit gerechnet?
Nein. Aber es tut der Stadt gut, und ich weiß, dass ich meinen Anteil daran habe, dass Integration über einen Zeitraum von einem Vierteljahrhundert beharrlich betrieben wurde. Auch gegen Widerstände. Wir haben mit den Spätaussiedlern, insbesondere mit den Deutschen aus Russland, einen Zustand der „ausgesöhnten Verschiedenheit“ erreicht. Einwanderer sollen ihre Eigenheiten und Traditionen bewahren können, ohne dabei Parallelgesellschaften zu bilden. Das machen Deutschstämmige beispielsweise in Kanada oder Brasilien auch, sogar solche, deren Vorfahren schon vor zweihundert Jahren ausgewandert sind. Wir wollen keine Abziehbilder von uns selbst. Wir lernen und profitieren von der Vielfalt der Kulturen. Aber es dauert mit der „Integration“ länger, als man sich wünschen mag.
Und es dauert offenbar länger, als man es sich wünscht.
Es geht nicht automatisch oder von alleine. Deshalb geben wir in Lahr jährlich eine Million Euro für Integration aus. Und nun wurden unser Engagement und unsere Projekte, von der zweisprachigen Sozialarbeit bis zum Suppenfest oder dem Interkulturellen Beirat, belohnt.
Gibt es Geld für den Vize-Weltbürgermeister-Titel?
Nein, aber eine schöne Urkunde und eine höhere Aufmerksamkeit für unsere Stadt, die ja im nächsten Jahr die Landesgartenschau ausrichtet.