Die Bewohner des Limeshofs bei Welzheim sind blind oder stark sehbehindert, aber trotzdem gerne kreativ – zum Beispiel künstlerisch beim Workshop im Malatelier „JA“.

Welzheim - Die Frage nach der Lieblingsfarbe beantwortet Daniela Heindl prompt: „Türkisblau!“ Axel Meliadis liebt Blau in allen Schattierungen und auch Lorenza Alfieri muss nicht lange nachdenken: „Silber, auch wenn ich es nicht sehe.“ Dass blinde oder stark sehbehinderte Menschen wie die Bewohner des Limeshofs in Welzheim durchaus eine Vorliebe für bestimmte Farben haben und dass sie Freude am Malen entwickeln können, hätte die Kunsttherapeutin Maike Bareiß früher nicht gedacht: „Ich war anfangs skeptisch, ob das überhaupt funktioniert.“

 

Heute, nach vielen farbenfrohen Treffen mit den Limeshof-Bewohnern in ihrem Malatelier „JA“ in Welzheim, weiß Maike Bareiß, dass auch blinde Menschen gerne malen, basteln und kreativ sind. „Mit blinden Teilnehmern muss man halt schauen was geht und was nicht“, sagt die Künstlerin: „So haben alle Spaß und ich auch.“ Manch einer, der es sonst nur wenige Minuten an einem Fleck aushält, findet dabei sogar endlich genügend innere Ruhe, um anderthalb Stunden auf ein und demselben Stuhl zu sitzen.

Der heutige Workshop, bei dem es mehr ums Modellieren als um das Malen geht, sei ein Versuch, noch mehr Bewohnern die Möglichkeit zu geben, kreativ zu sein, erklärt die Limeshof-Geschäftsführerin Petra Mack. Lorenza Alfieri zum Beispiel arbeitet gerne mit Ton und sagt: „Malen ist nicht so mein Ding.“ Der Vorschlag von Maike Bareiß, Muscheln und Steine mithilfe von Pappmaschee auf einem Keilrahmen zu einer Collage zu verarbeiten, kommt bei Lorenza Alfieri an: „Das ist gut, weil man da etwas Reliefartiges machen kann.“ Dass ihr Kunstwerk am Ende mit silberner Farbe bemalt wird, steht auch schon fest: „Wenn etwas glitzert, sehe ich Punkte. Bei allen anderen Farben nur eine Fläche.“

Die Arbeiten sollen am Schluss mit der jeweiligen Lieblingsfarbe des Schöpfers bemalt und zu einem Gesamtkunstwerk vereint werden. Das Gemeinschaftswerk ist von Ende September an zusammen mit Gemälden aus dem Malatelier in der Ausstellung „Farbe in Bewegung“ in den Räumen der Volksbank in Welzheim zu sehen.

Doch vor der Ausstellung kommt erst einmal die Arbeit: Maike Bareiß und die Limeshof-Mitarbeiterin Cornelia Erath stellen Behälter mit Zeitungsschnipseln bereit, außerdem bekommt jeder Künstler einen Kleistertopf an seinen Platz. Muscheln, Steine, Zweige und Algen liegen in mehreren Schalen, aus denen sich die Workshopteilnehmer bedienen können. Vorgaben macht Maike Bareiß keine – jeder darf frei schalten und walten.

Lorenza Alfieri hat ihre eigenen Vorstellungen von einer Urlaubscollage: Sie vermisst Fische, Krabben und Tintenfische auf dem Arbeitstisch: „Die gibt es doch auch im Meer.“ Kurzerhand formt sie einen Fisch mit eleganter Schwanzflosse aus Alufolie und weil es so gut geklappt hat kommt gleich noch eine achtarmige Krake dazu. Um deren Gliedmaßen festzukleistern, braucht sie etwas Hilfe von Maike Bareiß.

Rüdiger Bäuml ist sonst meist mit seiner Kamera unterwegs. Der sehbehinderte Hobbyfotograf hält alles fest, was sich im und rund um den Limeshof so tut. Eben klebt er auf seinem Bild eine letzte Muschel mit einem Stück des Wetterberichts aus der Stuttgarter Zeitung fest. Dann macht er den ultimativen Härtetest: Er hält das feuchte Pappmaschee-Kunstwerk in die Luft und dreht plötzlich die Oberseite nach unten. „Wenn es nass nicht hält, dann hält es auch trocken nicht – das ist meine Prognose“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln. Alles hält – die Ausstellung kann ruhig kommen.