Bei strahlendem Sonnenschein haben die Egerländer Gmoi und die Bürger der Stadt gemeinsam gefeiert. Zwei Reden standen im Mittelpunkt des Traditionsfests.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Wendlingen - Wir müssen aufstehen. Wir lieben unsere Heimat. Aber wir können sie auch teilen. Wer Flüchtlingsunterkünfte anzündet, ist kein Patriot, sondern ein hundsgemeiner Verbrecher. Wir wollen, dass Menschen, die gefährdet sind, bei uns Schutz finden. Und wir lassen uns von dem braunen Pack die Begriffe Heimat, Heimatland und Volk nicht noch einmal versauen.“ Es ist Reinhold Frank gewesen, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Sing-, Tanz- und Spielkreise in Baden-Württemberg, der beim Vinzenzi-Fest die deutlichsten Worte in der aktuellen Flüchtlingsdiskussion gefunden hat. Sein emotionales Grußwort war der Höhepunkt der Festsitzung des Patenschaftsrats und des Heimatausschusses am Samstag im Wendlinger Treffpunkt Stadtmitte.

 

Bezug zur Vertreibung der Egerländer

Aber auch der ehemalige baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) als Redner der Festsitzung am Samstag und sein Nachfolger Reinhold Gall (SPD), der am Sonntag die offizielle Vinzenzi-Rede unter dem Titel „Verantwortung und Herausforderungen 70 Jahre nach Krieg und Vertreibung“ hielt, stellten ausführlich Bezüge zwischen der Vertreibung der Egerländer nach Kriegsende und der aktuellen Flüchtlingsproblematik her. Dabei lagen beide Politiker in ihren Aussagen gar nicht einmal so weit auseinander.

„Wie schmerzhaft der Verlust von Heimat ist, kann nur von denen wirklich begriffen werden, die selber einmal ihre Heimat verloren haben“, betonte Rech. Reinhold Gall forderte dazu auf, sich einmal bewusst zu machen, welch großartige humanitäre Leistung es gewesen ist, als die in Schutt und Asche liegende Bundesrepublik Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis zu 14 Millionen Flüchtlingen eine neue Heimat geboten habe. Gall erinnerte an das deutsche Wirtschaftswunder und betonte, dass Deutschland heute nicht so gut da stände, wenn nicht die Flüchtlinge damals kräftig mit angepackt hätten: „Es waren auch die Vertriebenen, die unser Land längerfristig betrachtet prosperieren ließen.“

Das werde auch bei der aktuellen Situation so sein. Gall: „Wir sollten nicht nur die Probleme, sondern müssen auch die Chancen sehen.“ Auch Heribert Rech betonte, dass er „keine Alternative zur emotionalen Integration all jener Menschen gebe, die wirklich in Deutschland bleiben wollen.“ Allerdings müsse Integration das Ziel haben, die Gesellschaft zu bereichern. Es gebe deshalb nicht nur eine „Bringschuld der Gemeinschaft, sondern auch eine Holschuld des Einzelnen.“

Aus der Geschichte lernen

Beide Politiker betonten in ihren Reden, dass es ein Fehler gewesen sei, das Verbrechen der Vertreibung der Sudetendeutschen jahrzehntelang zu tabuisieren. Gall und Rech betonten, dass auf von Deutschen begangenes Unrecht auch Unrecht auf der anderen Seite geschehen sei. Dieses dürfe man nicht vergessen, sondern man müsse vielmehr aus der Geschichte lernen.

Das Vinzenzifest, eines der „größten und schönsten Brauchtumfeste in Baden-Württemberg“ – so Gall – sei eine gute Möglichkeit, diese Erinnerung wach zu halten und sie in die Gegenwart zu transportieren. Dass sich das Fest, das ursprünglich die Egerländer Gmoi alleine organisiert hatte, mittlerweile zum von vielen Vereinen getragenen Wendlinger Stadtfest weiterentwickelt habe, sei ein schönes Zeichen für das Zusammenwachsen.

Einziger Wermutstropfen war auch dieses Mal das Wetter. Hatte es im vergangenen Jahr heftig geregnet, so mussten die Teilnehmer des traditionellen Umzugs dieses Mal sengende Hitze ertragen.