Ein Angeklagter hat 100 sogenannte Bodypacks mit jeweils zehn Gramm Heroin geschluckt und wäre daran beinahe gestorben. Er ist vom Landgericht Stuttgart wegen der Einfuhr der Drogen und der Beihilfe zum Rauschgifthandel zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Wendlingen - Der Angeklagte hätte den Drogenschmuggel fast mit dem Leben bezahlt. Nur eine Notoperation im Nürtinger Krankenhaus konnte den 26Jahre alten, aus Mali stammenden Mann retten. Denn die Ärzte holten 100 sogenannte Bodypacks aus seinem Leib, in denen er insgesamt gut ein Kilogramm Heroin von Amsterdam über Deutschland ins italienische Udine transportieren sollte. Zollbeamten war der Drogenkurier am Morgen des 4. März auf dem Parkplatz Rübholz an der Autobahn 8 bei Wendlingen bei der Routinekontrolle eines Fernbusses aufgefallen. Er ist am Mittwoch von der 7. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart wegen der Einfuhr des Heroins und der Beihilfe zum Rauschgifthandel zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden.

 

Heroin im Wert von mindestens 60 000 Euro

Glaubt man den Angaben des Schwarzafrikaners, dann ist er von seinem Auftraggeber als lebendes Behältnis für einen groß angelegten Herointransport benutzt worden. Der 26-jährige, der nach seiner Flucht von Afrika nach Italien zuletzt illegal in Paris gelebt hatte, wurde demnach mit einem Lohn von gerade mal 2000 Euro geködert, um das Heroin mit einem Marktwert von mindestens 60 000 Euro über die Grenzen zu schmuggeln. In Amsterdam hatte er am Abend vor der Kontrolle die 100 Darmcontainer aus Hartplastik geschluckt und sich dann in den Fernbus nach München gesetzt. Ein etwa 30 bis 35 Jahre alter Nigerianer mit dem Allerweltsnamen John – ihn habe er einst in einer Asylunterkunft in Italien kennen gelernt – habe ihn für das Geschäft angeworben. Er habe ihm die Darmcontainer gegeben und ihm danach eine Tablette – wohl zur Blockade der Verdauung – verabreicht. Und er habe auch die Reise für den Angeklagten organisiert.

Die endete dann im Kreis Esslingen – zum Glück für den Angeklagten, der eigenen Angaben zufolge Analphabet ist. Ein Arzt erklärte einem mit dem Fall betrauten Zollfahnder, der 26-Jährige wäre wohl nicht lebend in München angekommen. Den Beamten, die die Insassen des Fernbusses aus den Niederlanden kontrollierten, fiel der Fahrgast wegen seiner Nervosität auf. Ein Drogenschnelltest legte zudem den Verdacht des Konsums von Opiaten nahe. Möglicherweise waren Anhaftungen von Heroin beim Schlucken der Container in den Körper des Angeklagten gelangt, der angibt, noch nie in seinem Leben Drogen konsumiert oder geschmuggelt zu haben. Allerdings befindet es der Zollbeamte als „ungewöhnlich, dass man beim ersten Mal 100 Bodypacks schlucken kann“. Er war es auch, der in der Klinik nach einer entlarvenden Röntgenaufnahme und dem positiven Urintest um schnelles Handeln bat, da sich der Zustand des Mannes zusehends verschlechtert habe: „Ich wollte ihm nicht beim Sterben zusehen.“

Der Magen erinnert an einen „Murmelsack“

Nachdem abführende Mittel keinen Erfolg zeitigten, wurde der 26-Jährige operiert. Sein Magen erinnerte den bei dem Eingriff anwesenden Zollbeamten wegen der darin befindlichen 52 Container an einen „Murmelsack“, sein Darm, in dem sich 48 Bodypacks fanden, an eine „Perlenkette“. Auch nach der Operation ging es dem Mann noch wochenlang sehr schlecht. Ein Lungenflügel war kollabiert, er wurde in ein künstliches Koma versetzt und musste beatmet werden. Inzwischen gehe es ihm wieder gut, übersetzt die Dolmetscherin das dürftige Französisch des Mannes.