Zumindest die nach dem Rücktritt von Dieter Hundt vakante Position des Aufsichtsratschefs hat der VfB Stuttgart schnell geschlossen: Joachim Schmidt übernimmt. Eine Frage bleibt allerdings: Wer wird VfB-Präsident?

Stuttgart - Am Mittwoch müssen die Mitarbeiter der Garmo AG ohne den Chef des Milchprodukteherstellers und Ex-VfB-Hauptsponsors mit Sitz in Stuttgart-Wangen auskommen. Eduardo Garcia ist anderweitig gefordert – in seiner Nebentätigkeit als VfB-Aufsichtsrat. Das Gremium muss entscheiden, wer bei der Mitgliederversammlung am 22. Juli als Präsidentschaftskandidat nominiert wird.

 

Nach dem am Montag verkündeten Rücktritt des Vorsitzenden Dieter Hundt rückte gestern der Stellvertreter Joachim Schmidt auf. Der Daimler-Manager wurde zum Nachfolger von Hundt ernannt und hat seine vier Kollegen jetzt zu einem ersten Gespräch mit den von der unabhängigen Stuttgarter Personalberatung Achim Donner empfohlenen Bewerbern eingeladen. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Verein möglichst bald wieder in ein ruhigeres Fahrwasser kommt“, sagt Schmidt, der das Auswahlverfahren spätestens in zwei Wochen abgeschlossen haben will.

Kessing ist gesprächsbereit

Garcia wird mit am Tisch sitzen, wenn sich etwa Jürgen Kessing (56) vorstellt. Der Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen ist nach StZ-Informationen die Nummer eins auf der Donner-Liste. „Ich bin angesprochen worden“, sagt der SPD-Politiker, „gesprächsbereit bin ich immer.“ Er wäre mit „dem Klammersack gepudert, wenn ich kein Interesse hätte.“

Kessing hat auch bereits etwas Erfahrung im Fußballgeschäft gesammelt, da er zwischen 1991 und 1994 für Bernhard Deubig tätig war, der damals dem Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern angehörte. Zu den Terminen des Ausschusses schickte Deubig oft Kessing. „Um es mit der Automobilbranche zu vergleichen – der Bezug zum Fußball gehört zur Grundausstattung“, sagt Schmidt. Vielleicht erzählt Kessing seine Pfälzer Geschichte ja den Verantwortlichen beim VfB. Ob am Ende aber er oder ein anderer Mann von Donner den Zuschlag erhält, ist ungewiss. „Das können wir noch nicht sagen“, meint Schmidt, denn auch Kessing ist nicht für alle Aufsichtsräte die Ideallösung.

Die wenigsten Bedenken hätten die meisten Mitglieder des Kontrollorgans dann, wenn Erwin Staudt bereit wäre auszuhelfen. Der ehemalige Präsident zählt zwar nicht zu dem Personenkreis, der sich heute präsentiert, aber am Rande der Gespräche dürfte er eine Rolle spielen. Viele wichtige Leute beim VfB von dem Manager Fredi Bobic über Eduardo Garcia und dem Marketingchef Jochen Röttgermann bis zu dem Ehrenratschef Alfred Grupp sprechen sich für ein Modell mit Staudt aus, der kommissarisch ein Jahr als Präsident einspringen könnte, um danach vielleicht in den Aufsichtsrat zu wechseln.

Staudt wäre für viele Fans die beste Lösung

Diese Variante würde einige Vorteile bieten. Erstens hätte der VfB dann zwölf Monate lang Zeit, um nach einem Präsidenten zu suchen. Dadurch könnten sich noch andere Optionen ergeben als bisher auf die Schnelle. Zweitens kommt Staudt mit seiner volksnahen Art bei den Fans an. Gegen ihn würden sie kaum rebellieren. Ansonsten kann keiner vorhersehen, ob sich durch den Abgang von Hundt die Gemüter an der Basis so weit abgekühlt haben, dass die Mitgliederversammlung einigermaßen harmonisch verläuft. Mit Staudt wäre das fast garantiert, aber die Initiative müsste nun der VfB ergreifen. „Ich habe über dieses Thema noch mit niemandem geredet“, sagt Staudt, der auf diese Weise erklärt, dass er sich dem Club keinesfalls andienen wird. Wenn er offiziell angefragt würde, wäre das etwas anderes.

Die Frage ist jedoch, was Joachim Schmidt plant. „Ich bitte um Verständnis, dass ich über Namen nicht öffentlich diskutiere“, sagt er. In der Warteschleife sind offenbar noch zwei oder drei prominentere Bewerber als Kessing und Co., mit denen sich Schmidt angeblich schon getroffen und unter vier Augen unterhalten hat. Doch sie sind noch vertraglich bei anderen Arbeitgebern gebunden. Dennoch deutet einiges darauf hin, dass heute nur mit 1-b-Kandidaten gesprochen wird.

Mal sehen, was Eduardo Garcia seinen Angestellten erzählen wird, wenn er morgen wieder im Büro ist.