Exklusiv Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth räumt Fehlentwicklungen bei Werkverträgen ein. Nun soll ein Expertenteam die Vereinbarungen mit den Partnerfirmen überprüfen.

Nach massiver Kritik der Gewerkschaften stehen Werkverträge auch in den Parteien am Pranger. Ausgerechnet Daimler ist vor einigen Monaten ins Zentrum des Sturms geraten. Auch das Bundesarbeitsgericht könnte nächstes Jahr in einem anhängigen Fall gegen den Autobauer entscheiden. Daher versucht Daimler nun, in die Offensive zu kommen. Im Prinzip solle am Umgang mit Werkverträgen aber nichts geändert werden, sagt der Arbeitsdirektor Porth, der mehr Mitsprache der Betriebsräte ablehnt.
Herr Porth, Daimler ist wegen des Einsatzes von Werkverträgen ins Zwielicht geraten. Tut es Ihnen eigentlich weh, dass ausgerechnet Ihr Unternehmen, die Nobelmarke Mercedes-Benz, so in Misskredit geraten ist?
Es geht ja nicht nur um Daimler, sondern um die gesamte Automobilindustrie und die Zulieferer. Es stört mich, dass ausgerechnet eine Branche, in der es nachweislich die höchsten Löhne und die besten Arbeitsbedingungen gibt, ungerechtfertigt an den Pranger gestellt wird. Die gesamte deutsche Industrie setzt seit Jahrzehnten Werkverträge ein. Bei uns reicht das von Reinigungsarbeiten über Logistik oder Kantinenbetrieb bis hin zu hochwertigen Entwicklungs- und Beratungsleistungen. Auch Verträge mit Autozulieferern sind klassische Werkverträge. Bei dieser Vielzahl von rechtlich einwandfreien Werkverträgen werden jetzt wenige Einzelfälle skandalisiert.
Wie schwer wiegt denn der Imageschaden für Daimler?
Natürlich ist es nie gut, wenn ein Unternehmen negative Schlagzeilen macht. Ich will das nicht kleinreden. Aber man muss es doch ins richtige Verhältnis bringen. Es handelt sich hier um Einzelfälle. Die Menschen und die Arbeitsbedingungen sind uns sehr wichtig. Wir sind in Bereichen wie beispielsweise Arbeitssicherheit, Altersabsicherung, Bezahlung oder Ausbildung vorbildlich unterwegs. Man darf uns nicht unterstellen, wir würden etwas vorsätzlich tun, was dieser grundsätzlich positiven Haltung widerspricht.
Aber ist Daimler denn auf Werkverträge mit Dumpinglöhnen wirklich angewiesen?
Nein, natürlich nicht. In der Öffentlichkeit herrscht ein völlig falsches Bild über Werkverträge. Bei Werkverträgen beauftragen wir Leistungen, die nicht zu unserem Kerngeschäft gehören oder die Spezialisten besser erledigen können als wir selbst. Das ist bei hochwertigen IT- oder Beratungsdienstleistungen oft teurer als eine interne Lösung. Auch wenn Bosch Autoteile an Daimler liefert, geschieht dies auf der Basis von Werkverträgen. Deren Bandbreite ist sehr groß. Es geht dabei auch nicht ausschließlich um Lohnkosten, sondern primär um Arbeitsteilung und fachliches Knowhow. Im Rahmen dieser Verträge werden manche Leistungen ganz oder teilweise auf unserem Werksgelände erbracht, teilweise aber auch außerhalb. Werkverträge sind ein unverzichtbares Instrument für den Erfolg des Wirtschaftsstandorts Deutschland und die juristische Form, in der seit Jahrzehnten die industrielle Arbeitsteilung geregelt ist. Deshalb kann ich mir gar nicht vorstellen, dass jemand Werkverträge grundsätzlich infrage stellt.
Die Politik könnte Ihnen dennoch in die Quere kommen. Der Bundesrat hat eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, die insbesondere dem Betriebsrat mehr Mitsprache bei Werkverträgen geben soll – auch Kanzlerin Merkel hat erklärt, dass sie gegen Auswüchse bei Werkverträgen vorgehen will.
Ich vertraue den Politikern, dass sie sich vor Gesetzesänderungen die Tragweite ihrer Entscheidungen bewusst machen. In der Metall- und Elektrobranche kann man bei wenigen Einzelfällen auch nicht von Auswüchsen sprechen. Wenn bei Werkverträgen höhere Tariflöhne aus der Metallindustrie festgelegt werden, steigen die Kosten. Dies muss dann in anderen Bereichen wieder aufgefangen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden.