Das Kartellamt hat den Staatskonzern zu fairem Vertrieb verpflichtet. Das bringt auch für Reisende und Pendler mehr Komfort.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Für andere Bahnunternehmen, die sich vielfach durch den Ex-Monopolisten behindert fühlen und sich schon lange darüber beschweren, wird künftig der Ticketvertrieb erleichtert. Das hilft auch vielen Reisenden, die künftig einfacher Fahrkarten kaufen können.

 

Ein Beispiel: die Bahnhofsläden. Oft werden dort bisher nur DB-Tickets verkauft, nicht aber die Fahrkarten anderer Anbieter, die Züge in der Region fahren. Denn die Mietverträge für die Ladeninhaber verbieten das, bestätigt das Kartellamt. Diese Mietverträge vergibt meist die DB Station + Service, eine Tochter des DB-Konzerns, die für die meisten der bundesweit mehr als 5000 Bahnhöfe zuständig ist.

Durch die unfaire Klausel ist den DB-Konkurrenten bisher der preisgünstige Vertrieb über die Bahnhofsläden versperrt geblieben. Das wird sich nun ändern, in den Läden wird man auch andere Bahntickets kaufen können, sofern die jeweiligen Anbieter das wollen. Von Vorteil ist das besonders für Reisende, denen Automaten zu kompliziert und die Warteschlangen im DB-Reisezentrum zu lang sind.

Ein weiteres Beispiel: die Automaten von DB-Konkurrenten im Nahverkehr. Dort gibt es bisher keine DB-Fernverkehrstickets, weil der Konzern das verweigert, obwohl er gesetzlich zur Kooperation grundsätzlich verpflichtet ist. Problematisch ist das laut Kartellamt besonders an Bahnhöfen, wo die DB nicht mehr selbst fährt und deshalb auch keine Fahrkarten mehr verkauft. Dort können Reisende keine DB-Tickets für ICE oder IC-Züge mehr bekommen.

Vorteile für Fahrgäste und Wettbewerber

Auch das wird sich nun zum Vorteil der Fahrgäste und Wettbewerber ändern. DB-Konkurrenten können künftig an ihren Automaten generell auch ICE- oder IC-Tickets anbieten. Reisende müssen sich also künftig nicht mehr umständlich an mehreren Stellen die Fahrscheine besorgen, was Bahnfahren wieder ein Stück einfacher macht.

Für DB-Konkurrenten wächst zudem der Anreiz, auch Tickets des Marktriesen zu verkaufen. Denn der Staatskonzern hat sich auch verpflichtet, die Provisionen für den wechselseitigen Fahrkartenverkauf zu senken und zu vereinheitlichen. Bisher nämlich nutzt die DB auch hier ihre Machtposition aus, wie die Ermittlungen des Kartellamts zeigten. Denn der Konzern verlangt bisher von den Wettbewerbern höhere Provisionen für den Vertrieb von deren Angeboten als er selbst zahlt, wenn andere Unternehmen seine Tickets verkaufen.

Das Kartellamt zeigt sich mit dem Ergebnis des nunmehr eingestellten Verfahrens sehr zufrieden. „Der Wettbewerb im Bahnverkehr erhält hierdurch neue Impulse“, sagt Präsident Andreas Mundt. Das Verfahren gegen die DB lief mehr als zwei Jahre, Anlass waren nicht zuletzt Beschwerden von Konkurrenten. Die Verpflichtungszusagen der DB sind gesetzlich verbindlich und gelten bis zum 31. Dezember 2023.

Die DB betont in einer Erklärung, das Missbrauchsverfahren zum Fahrkartenvertrieb sei eingestellt und ein Verstoß gegen kartellrechtliche Regelungen nicht festgestellt worden. Man habe sich aber „zu Zusagen verpflichtet“. Man begrüße die Entscheidung, sagte Ronald Pofalla, DB-Vorstand für Wirtschaft, Recht und Regulierung. Damit erhielten „alle Marktteilnehmer größtmögliche Rechtssicherheit“. Das werde „den ohnehin bereits dynamischen Wettbewerb im Vertrieb weiter befördern“.

Der Fahrkartenverkauf und die vielen unterschiedlichen, wenig transparenten Preis- und Tarifsysteme gelten seit Langem als großer Schwachpunkt des Schienenverkehrs, der mehr Erfolg verhindert. Seit der Liberalisierung in Europa, der Abschaffung nationaler Bahnmonopole und der Zulassung vieler neuer Anbieter hat sich die Problematik drastisch verschärft. Die Politik und die Wettbewerbshüter hinken der Entwicklung hinterher.

Europaweite Tickets und Fahrplan-Auskünfte sind überfällig

Für Verkehrsexperten sind klare gesetzliche Rahmenbedingungen für europaweite Tickets und Fahrplanauskünfte im Schienenverkehr längst überfällig. Technisch gilt die Vernetzung als machbar, doch es fehlt am Willen und der Umsetzung. So gelten schon seit vielen Jahren europaweit EU-Fahrgastrechte, die ausdrücklich auch den erleichterten Zugang zu Reise-Infos und Fahrkarten vorsehen. Doch die Angleichung der nationalen Buchungssysteme kommt nur schleppend voran.

Wer europaweit mit dem Zug reisen will, muss meist umständlich bei mehreren Anbietern zum Beispiel auf deren Homepage die Fahrplaninfos suchen und abstimmen oder ein spezialisiertes Reisebüro beauftragen. Wer den Flieger nimmt, hat dagegen meist mit wenigen Mausklicks den Platz reserviert und das Ticket ausgedruckt. Das ist ein eklatanter Wettbewerbsnachteil für die Schiene.

Die Deutsche Bahn hat den Verkauf von internationalen Fahrkarten immerhin in den letzten Jahren stark ausgeweitet und bietet Sonderangebote wie „Europa spezial“ ab 39 Euro pro Fahrt in mehr als ein Dutzend Länder an. Mit dem „DB Navigator“ hat der Konzern außerdem eine mobile Reise-, Info- und Buchungs-Plattform etabliert, die zu den meist genutzten Apps auf dem Smartphone gehört.