Markus Lanz tritt am 6. Oktober in die Fußstapfen von Thomas Gottschalk. Dann wird sich zeigen, ob der neue „Wetten, dass . . ?“-Moderator den Tanker wieder flott kriegt

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Nun tun alle so, als ob in der TV-Unterhaltungswelt wieder alles seine Ordnung habe. Jetzt, wo es offiziell ist, dass Markus Lanz die Nachfolge von Thomas Gottschalk antritt und vom 6. Oktober an die Samstagabendshow „Wetten, dass . . ?“ übernimmt. „Mit seiner professionellen Einstellung wird er an die neue Aufgabe gehen und das Publikum bestimmt überzeugen“, gibt sich der ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut, der am kommenden Donnerstag zum Intendant aufsteigt, optimistisch. Positiv zeigt sich freilich auch Lanz selbst, der in einem ZDF-Interview seine Vorfreude kundtut und die „schlaflosen Nächte“, die ihn die Entscheidung gekostet habe, vergessen zu wollen scheint: „Aber ich freue mich auch darauf, und man muss es dann einfach geschehen lassen und das Gefühl entwickeln, das kann man machen.“

 

Alles wird gut! Alles wird gut? Wenn da mal keine gehörige Portion Zwangsoptimismus mitschwingt – ein Optimismus, der vor allem einer immensen Erleichterung geschuldet sein dürfte. Jetzt, wo man weiß, dass der gut aussehende und smarte ZDF-Talker mit Südtiroler Wurzeln zunächst für drei Jahre achtmal jährlich als Kapitän an Bord des Unterhaltungsflaggschiffs „Wetten, dass . . ?“ steigt, sollte man sich eines ein letztes Mal vor Augen halten: Mit der Bekanntgabe der Personalie Lanz am Sonntagabend hat die zäheste und auch peinlichste Personaldiskussion im deutschen Fernsehen ihr lang ersehntes Ende gefunden. Mehr als ein Jahr – zur Erinnerung: Thomas Gottschalk hatte im Februar 2011 seinen Abschied von der Show verkündet – dauerte die Suche des Zweiten Deutschen Fernsehens nach einem Nachfolger. Ein Jahr ist im schnelllebigen Medium Fernsehen eine sehr lange Zeit.

Der Unterhaltungsdampfer hat ein Leck

Die Frage ist nun aber , ob die, die an dieser Suche und an deren Ausgang beteiligt waren, so ungeschoren aus der Sache herauskommen, wie es jetzt den Anschein haben soll. Allen voran der Mainzer Sender. „Ich habe mir Zeit genommen und früh angekündigt, dass ich mich nicht unter Druck setzen lasse“, zeigt sich Bellut souverän. Dabei machten die Körbe, die ihm seine Topfavoriten Hape Kerkeling und Jörg Pilawa, die vor Markus Lanz auf seiner Wunschliste rangierten, der Reihe nach gaben, den Sender zum Gespött der Branche wie auch der Zuschauer.

Diese waren der ewigen medialen Nachfolgerspekulation, die immer neue wie untaugliche Kandidaten ins Spiel brachte, schnell leid geworden: Florian Silbereisen, Sonja Zietlow und Dirk Bach, Nazan Eckes, Bastian Pastewka, um nur einige wenige zu nennen. Es war aber vor allem das Wegbrechen von Belluts ersten beiden Wunschkandidaten, Kerkeling und Pilawa, das die Lecks des sinkenden Unterhaltungstankers „Wetten, dass . . ?“ noch einmal schonungslos offengelegt hat: dreißig Jahre auf dem Buckel, 1981 vom Stapel gelassen, lange vor den Umwälzungen durch Internet und Castingshows, ein Dinosaurier der TV-Unterhaltung, 24 Jahre lang gesteuert und geprägt vom Großentertainer Gottschalk. Die einst als Familiensendung konzipierte Wettshow abzutakeln, davon wollten die Mainzer jedoch nie etwas wissen.

Lanz ist die dritte Wahl

Markus Lanz ist die dritte Wahl, auch wenn ihn selbst diese Rangfolge nicht zu jucken scheint. Jetzt muss er nichts weniger als ein vor Altersschwäche ächzendes Fernsehformat wieder flottkriegen. Dass er weiß, wie schwer das werden wird, zeigt sich daran, dass er seinen Geschäftspartner Markus Heidemanns, mit dem er die Produktionsfirma Mhoch2 gegründet hat und die die Talksendung „Lanz“ herstellt, als Berater mit an Bord geholt hat. Heidemanns wird nachgesagt, er habe maßgeblichen Anteil am Erfolg des ZDF-Talks „Markus Lanz“, in puncto Kreativität gilt er als so energiegeladen wie ein Hartgummiball. Beim ZDF heißt es, die Show werde weiterentwickelt, sie solle frischer und moderner werden, die Grundbausteine Wetten, prominente Gäste, Small Talk und Künstlerauftritte blieben aber unangetastet. Man kann gespannt sein, was sich aus dieser Konstellation ergibt.

Jenseits eines nur vorsichtig sanierten Showkonzepts bleibt es die Aufgabe des Moderators Lanz, der im klassischen Talkfach mit guter Vorbereitung, Eigensinn und Charme überzeugt, sich als Meister der lockeren, humorvollen, von Pointen, Improvisationen und Überraschungen getragenen Samstagabendunterhaltung zu erweisen. Lanz muss, ja: darf dabei nicht wie Gottschalk sein. Aber er muss gut sein. Es scheint fraglich, ob für den Aufsteiger die schlaflosen Nächte wirklich vorbei sind. Womöglich stehen sie ihm weiter bevor.