Ein Baumfachmann von der Wilhelma verneint einen Zusammenhang mit der nahen Stuttgart-21-Baustelle. Die Parkpfleger des zoologisch-botanischen Gartens sind unter anderem auch für den Schlossgarten zuständig, wo der Baum stand.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Ein einziger starker Windstoß hat am Dienstagabend ein 80 bis 100 Jahre währendes Baumdasein beendet. Auf dieses Alter schätzt Fachmann Micha Sonnenfroh die große Rosskastanie, die dem starken Wind am Dienstag im Mittleren Schlossgarten zum Opfer gefallen ist. Sonnenfroh arbeitet im Fachbereich Parkpflege der Wilhelma. Die Abteilung des zoologisch-botanischen Gartens kümmert sich nicht nur um die Gewächse zwischen den Tiergehegen. Insgesamt pflegt das Team 13 000 Bäume in landeseigenen Gärten- und Grünanlagen in Stuttgart.

 

Fäulnis an den Wurzeln entdeckt

Den in Internetforen diskutierten Zusammenhang mit der neben dem Baumstandort liegenden Stuttgart-21-Baustelle verneint der Experte. Kritiker des Projekts hatte den Zwischenfall auf das Absenken des Grundwasserspiegels zurückgeführt. Das sei nicht möglich, so Sonnenfroh. Die Begutachtung des Wurzeltellers, den der umgefallene Baum aus dem Erdreich hob, habe Schäden an den Wurzeln des Baumes offenbart. „Wir haben dort Fäulnis entdeckt“, sagt der Wilhelma-Mitarbeiter. Der derart geschwächte Baum habe den sehr lokal auftretenden Windhosen nichts entgegensetzen können, die Sonnenfroh bei einem Außeneinsatz am Dienstagnachmittag im nicht weit entfernten Oberen Schlossgarten selbst erlebt hat. Auch die im Vorfeld der Bahnhofsarbeiten gerodeten Bäume im Schlossgarten hätten der Kastanie keinen Schutz bieten können. „Sie steht in unmittelbarer Nähe einer großen Eiche. Das hat auch nicht geholfen“.

Kontinuierliche Kontrollen der Bäume in Parks

Zu den Aufgaben der Parkpfleger der Wilhelma gehört auch eine kontinuierliche Kontrolle der Bäume in Parks und Gärten. Mindestens einmal im Jahr wird jedes Gewächs in Augenschein genommen. Die betroffene Kastanie sei im Laufe des vergangene Jahres begutachtet worden. „Das sind visuelle Kontrollen. Unterirdische Schäden an den Wurzeln können wir dabei natürlich nicht feststellen“. Außergewöhnlich alte Bäume, zu denen die Kastanie noch nicht gezählt wurde, bekommen mehrmals im Jahr Besuch von den Experten. Das geschehe im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht. Die Kastanie stand in Sichtweite des Biergartens und fiel auf den Steg, den die Bahn im Zuge der S-21-Bauarbeiten erstellt hat, weil andere Wege unpassierbar geworden sind.