Sonne und Temperaturen von 14,1 Grad Celsiusam Donnerstag: Derlei Werte sind laut dem Deutschen Wetterdienst im Februar „nicht außergewöhnlich“. Doch mit den zweistelligen Werten ist es erst mal vorbei.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Frühlingserwachen: „Da, da, da!“ Der kleine Junge zeigt ganz aufgeregt mit dem Zeigefinger auf das gelbe Runde oben am Himmel. Nach Monaten der Kälte und Dunkelheit ist sie endlich wieder da, die Sonne – und sie wird gebührend begrüßt. „Jetzt können wir barfuß laufen“, sagt der Kleine.

 

Zwar zeigte das Thermometer am Donnerstag in Stuttgart immerhin 14,1 Grad Celsius an, aber die Schuhe sollte man besser noch anlassen. Am 14. Februar 1958 hingegen wäre das Barfußlaufen schon möglich gewesen. Damals kletterten die Temperaturen auf 19,2 Grad Celsius und am 20. Februar 1990 auf 18,4 Grad Celsius. „Das zeigt: Die 14 Grad Celsius vom Donnerstag sind zwar ein relativ hoher Wert, aber auch nichts ganz Außergewöhnliches“, sagt Klaus Riedl, Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart. Landesweit, so sagt er, wurden oft sogar noch höhere Werte erreicht: Metzingen etwa verzeichnete 15,2 Grad Celsius.

Frühlingsboten: Morgens weckt einen nun Vogelgezwitscher, denn die ersten Vogelschwärme kehren allmählich aus dem Süden zurück. Anke Beisswänger vom Nabu Baden-Württemberg bestätigt, dass bereits die ersten Singdrosseln, Rotmilane, Stare und sogar Störche im Land gesichtet wurden. In den Gärten und Parkanlagen strecken die ersten Schneeglöckchen und Winterlinge ihre Köpfchen aus der Erde.

Diese verkauft Maria Aschenbrenner aus Waiblingen auch auf dem Stuttgarter Wochenmarkt. Ihr Stand mit den vielen bunten Blumen mitten auf dem Rathausplatz macht gute Laune und Lust auf den Garten. Doch noch ist Vorsicht geboten – trotz der Sonne sollte man nicht übermütig werden, zumal der Frühling astronomisch erst am 20. März beginnt. „Gerade die Blüten sind gefährdet. Die allermeisten vertragen die nächtliche Kälte nicht – und auch tagsüber könnten die Temperaturen jederzeit wieder einbrechen“, sagt Aschenbrenner. Primeln etwa taugen deshalb derzeit nur für die warme Stube, allein Zwiebelpflanzen kann man schon ins Freie pflanzen.

Simone Kleinmann aus Stuttgart verkauft an einem Stand nebenan Zweige. Derzeit gibt es Weidenkätzchen, Kirschblüten, Forsythien und Mandelblüten – Letztere kommen allerdings aus dem Gewächshaus. Klaus Stöffler aus Herrenberg bietet zudem Magnolien an. Ob es einen Trick gibt, damit die Knospen auch gewiss aufgehen? Stöffler rät, den Zweig zu Hause frisch anzuschneiden und bei einer Zimmertemperatur von 20 Grad Celsius in eine Vase mit frischem Wasser zu stellen. Dann sollten die Knospen innerhalb von zwei bis drei Tagen aufgehen.

Apropos blühende Zweige: Derzeit fliegen in geringen Mengen Haselpollen. Auch die Gärtner in der Wilhelma fangen mit Frühjahrsarbeiten an: In den Parkanlagen finden Gehölz- und Baumpflegemaßnahmen statt. „Zudem beginnen Bodenvorbereitungen für Pflanzungen“, sagt Micha Sonnenfroh, der Fachbereichsleiter Parkpflege.

Frühlingsputz statt Frühjahrsputz

Frühlingsgefühle: Mit der steigenden Lichtintensität werden vermehrt Serotonin und Dopamin ausgeschüttet. Diese sogenannten Glückshormone bewirken eine leichte Euphorie – und manchmal auch Verliebtheitsgefühle. Das kann Alexandra Steinmann, Mitinhaberin der Boutique Erotique Frau Blum im Stuttgarter Westen, bestätigen: „Sobald die Sonne rauskommt, kommen viele Paare vorbei. Sie haben wieder Lust zu experimentieren.“ Ganz sicher kann sie sich aber nicht sein, inwieweit auch der Filmstart von „Shades Of Grey 2“ zu der momentanen Umsatzsteigerung beiträgt. „Jedenfalls erwachen derzeit die Liebe und die Libido“, sagt sie. Der Frühlingsverkaufsschlager: erotische und sexy Kleidchen.

Frühlingsputz: Es muss ja nicht immer Frühjahrsputz sein – man kann es auch mit Frühlingsputz versuchen. Das heißt: Man putzt sich heraus, verbannt die dicken Mäntel und Pullis in den Schrank und gönnt sich was Neues, Frühlingshaftes zum Anziehen. Andrea Stigler vom Secondhandladen Second Dreams im Stuttgarter Süden hat sich bereits komplett auf die Frühjahrssaison eingestellt. „Bei gutem Wetter sind die Leute einfach besser gelaunt und dadurch kauffreudiger“, sagt sie.

Auch Jürgen Schwartz, Inhaber des Friseurladens Schnittstelle in Stuttgart-Süd, hat im Frühjahr viel zu tun. Zum einen, weil durch die Sonne mehr Vitamin D im Körper produziert wird und dadurch die Haare schneller wachsen. Zum anderen, „weil die Menschen Lust bekommen, sich hübsch zu machen“, sagt er.

Frühlingswetter – ein Ausblick: Der Frühling legt zumindest eine Pause ein: An diesem Freitag wird es eher bewölkt, im Laufe des Nachmittags kann es Schauer geben, die Höchsttemperatur wird bei 8 Grad Celsius liegen. „Mit den zweistelligen Werten ist es erst mal vorbei“, sagt Peggy Hofheinz, Meteorologin vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart.

Auch in der Nacht zum Samstag können Niederschläge fallen, am Samstagvormittag soll es bewölkt sein, die Sonne kann sich nur schwer durchsetzen. Erwartet werden 8 Grad Celsius. Am Sonntag ist Besserung in Sicht: Nach der Auflösung von Hochnebel ist mit „heiteren Bedingungen“ bei 8, am Montag bei 9 Grad Celsius zu rechnen. Am Dienstag sei ein Tiefausläufer in Sicht – aber bei steigenden Temperaturen.