Auf sonnige Tagen folgt Schmuddelwetter, dann kommt wieder die Sonne raus – und viele Menschen leiden unter dem Wechsel. Als Wetterfühligkeit werden Symptome wie Kreislaufbeschwerden oder Müdigkeit bezeichnet. Doch hat das Wetter wirklich einen Einfluss auf die Gesundheit?

Stuttgart/München - Der Herbst ist da und mit ihm das Schmuddelwetter. Viele Menschen fühlen sich an diesen Tagen nach dem Wetterwechsel unwohl, sie haben Kopfschmerzen oder sind müde. Aktuell warnen die Wetterdienste, dass bei Wetterfühligen Kreislaufprobleme auftreten können. Doch ist daran tatsächlich das Wetter Schuld, oder führen die Betroffenen ihre Beschwerden nur darauf zurück?

 

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Zweifelsfrei füllen sich die Wartezimmer der Arztpraxen, wenn es auf den Herbst zugeht. „Dann werden auch häufiger Depressionen diagnostiziert“, sagt Mediziner und Physiker Prof. Jürgen Kleinschmidt, der an der Uni München die Wirkung des Wetters erforscht. Solche Beobachtungen lassen eine Wirkung des Wetters auf die Gesundheit mancher Menschen vermuten. Epidemiologischen Untersuchungen – bei denen Wetterfühlige nach Wetterumschwüngen befragt werden, ob es ihnen schlechter geht – stellten ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem Wetter und der Gesundheit her. Doch für Kleinschmidt gehen diese Untersuchungen zu wenig in die Tiefe. Er gibt das Beispiel der Frühjahrsmüdigkeit: „Fühlt sich ein Mensch im Frühjahr müde, geht man davon aus, dass es am Wetter liegt. Dabei zieht es viele nach dem Winter nach draußen, Gartenarbeiten werden erledigt. Vielleicht hängt die Müdigkeit eher mit der ungewohnten körperlichen Arbeit an der frischen Luft zusammen.“

Mit seiner Forschungsgruppe konfrontierte Kleinschmidt in einer Klimakammer Probanden mit nachgebildeten Wettersituationen. Die Auswirkungen waren keineswegs besonders aufregend, auch wenn Kleinschmidt einräumt, dass es sich bei den Probanden um junge, gesunde Studenten handelte. Er fragt deshalb nicht nach dem „ob überhaupt“, sondern nach dem Ausmaß: „Werden wir vom Wetter so beeinträchtigt, dass es uns wirklich stört?“ Auffällig sei, dass Menschen, die draußen arbeiten, wie zum Beispiel Müllwerker, Briefträger oder Bauarbeiter, sich selten über Wetterfühligkeit beschweren. „Unser Organismus kann Wetterschwankungen ausgleichen.“ Da sich viele Menschen aber weitgehend in immer gleich temperierten Räumen aufhalten, sei der Körper nicht mehr daran gewöhnt.

Drei Gruppen, die sich vom Wetter beeinflusst fühlen

Kleinschmidt unterscheidet drei Gruppen von Menschen, deren Wohlbefinden vom Wetter beeinflusst wird. Die größte Gruppe leidet unter Kreislauf-Beschwerden. Diese Betroffenen fühlen sich bei einem Wetterwechsel oder bei Fön – also einem warmen, trockenen Wind – müde oder haben Schlafstörungen. Das sind laut Kleinschmidt häufig Menschen, die unter niedrigem Blutdruck leiden. Frauen sind davon häufiger betroffen, als Männer. Diesen Menschen geht es schlechter, wenn es sehr warm ist.

Außerdem gibt es die Gruppe der Menschen, deren Beschwerden sich beim Wechsel zu kaltem Wetter verstärken. So verstärken sich die Beschwerden von vielen Rheuma-Kranken, wenn das Wetter kalt und feucht wird.

Die dritte Gruppe sind Menschen, die einen Wetterwechsel schon im Voraus spüren wollen, beispielsweise weil ihre Narben schmerzen, oder sie an sogenannten Phantomschmerzen leiden. „Dieses Phänomen ist sehr interessant, da entfernte Unwetter beispielsweise Schallwellen aussenden, die die Betroffenen womöglich spüren.“

Wetterfühligkeit lässt sich abtrainieren

Dass das Wetter einen gewissen Einfluss auf den Menschen hat, ist unbestritten. Schließlich gerät man ins Schwitzen, wenn es im Sommer heiß ist, und die Stimmung bessert sich bei den Meisten, wenn es hell und sonnig ist. Angst vor dem Wetter zu haben, sei aber unnötig, findet Kleinschmidt. „Es ist der falsche Weg, dem Wetter die Schuld zu geben und zu denken, dass man ohnehin nichts ändern kann.“ Denn der Körper lasse sich trainieren. So rät Kleinschmidt auch bei schlechtem Wetter zu Spaziergängen an der frischen Luft. „Saunagänge mit anschließender Abkühlung oder auch wechselwarme Duschen können helfen, den Körper an Temperaturschwankungen zu gewöhnen.“ Der Mensch habe schließlich hinreichend Möglichkeiten, sich dem Wetter anzupassen – er müsse nur aktiv werden.