Gegenwind aus zwei Richtungen: Oberbürgermeister Fritz Kuhn soll Stellung beziehen. Denn nach der Blockade einer AfD-Veranstaltung an Dreikönig wird am 23. Januar mit Protest gegen ein Symposium von „Demo für alle“ in der Liederhalle gerechnet.

Stuttgart - Zwei Veranstaltungen in öffentlich verwalteten Räumen sorgen für Diskussionen: Zum einen das für den 23. Januar angesetzte Symposium der Veranstalter der „Demo für alle“ in der Liederhalle; das Bündnis organisierte bereits Kundgebungen gegen den Bildungsplan der Landesregierung. Zum anderen das von linken Gruppen blockierte „alternative Dreikönigstreffen“ der AfD am 6. Januar im Cannstatter Kursaal.

 

Beide Male wird Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) gebeten, Stellung zu beziehen: Im Vorfeld der Veranstaltung der Bildungsplangegner fordert der Lesben- und Schwulenverband Baden-Württemberg (LSVD) den OB auf, sich davon als Hausherr zu distanzieren. Wegen der Blockade des Kursaals fordert der AfD-Fraktionssprecher Lothar Maier von Kuhn wiederum einen „Runden Tisch“, „wo über derartige Gewaltexzesse“ mit den Fraktionen und der Ordnungsbehörde diskutiert werden könne.

Am Rande des CDU-Neujahrsempfang war zu vernehmen, dass die Stadtverwaltung hierfür keine Notwendigkeit sieht. Maier will von Kuhn zudem noch wissen, ob er die „von überwiegend linken Demonstranten ausgeübte Gewalt stillschweigend billigt“ oder sich zum Handeln veranlasst sehe – auch im Hinblick auf künftige Parteiveranstaltungen.

Mehrere Kundgebungen sind angemeldet

Im Vorfeld des geplanten Symposiums in der Liederhalle melden sich aber nicht nur Kritiker der Bildungsplangegner zu Wort. Eine Bürgerin hat sich bei der StZ mit der Frage gemeldet, was an dem Gerücht dran sei, die städtische Veranstaltungsgesellschaft In Stuttgart würde der Organisation „Demo für alle“ den Saal nicht zur Verfügung stellen. „Das stimmt nicht“, sagt Sprecher Jörg Klopfer. Als städtisches Beteiligungsunternehmen dürfe sie nicht willkürlich Mietinteressenten zurückweisen. Ein Ausnahmetatbestand wäre die Anfrage einer verbotenen Organisation.

Rund um die Liederhalle sind also Protestaktionen zu erwarten. Es sind bereits mehrere Kundgebungen angemeldet. Die Polizei weiß, was sie am Berliner Platz erwartet, schließlich gab es bereits Zusammenstöße bei früheren Bildungsplandemonstrationen, außerdem am 6. Januar die Aktion vor dem Kursaal gegen die Veranstaltung der AfD-Sitzung. Dort hatten die Demonstranten beide Vordereingänge des Kursaals blockiert. Die Teilnehmer gelangten dennoch in den Saal; anfangs noch durch die dann auch blockierte Tiefgarage, und durch den Hintereingang. Das ging nicht ohne – gegenseitige – Rempeleien und Beleidigungen ab.

AfD-Stadtrat moniert mangelnde Polizeipräsenz

Nicht nur die Sperre kritisiert AfD-Stadtrat Bernd Klingler. Er moniert auch die – von der Polizei für eine erste Phase auch eingeräumte – unzureichende Präsenz von Einsatzkräften, „um die Veranstaltung einer ganz normalen Partei zu schützen“, die mittlerweile jeder Zehnte im Land zu wählen gedenke. Nachdem die Verstärkung eingetroffen war, zogen die Demonstranten ab. Man sei im Vorgespräch von 150 bis 200 Störern ausgegangen und deshalb aufgefordert worden, für den Saal eigene Sicherheitsleute zu stellen, betont Klingler. Morgens habe man die „mit Softair und Kleinkaliber“ zerschossenen Scheiben entdeckt, sich aber entschlossen, die Veranstaltung nicht abzublasen.

Der Fraktionssprecher behauptet, er sei bei der Suche nach dem Einsatzleiter, der ebenso wenig eine Räumung der von der Partei gemieteten Freifläche veranlasst habe wie ein Vertreter des Innenministeriums, bedrängt und als „Neu-Nazi“ beschimpft worden. Dass er mit einem wohl der NPD nahe stehenden Besucher gesprochen habe, sei richtig – aber: Der Mann wohne in seinem Wahlkreis, dessen politischer Hintergrund sei ihm unbekannt gewesen, außerdem habe er nur freundlich gegrüßt. NPD-Anhänger fänden bei der AfD keine Aufnahme.

Heinrich Fiechtner hat einen Facebook-Freund weniger

Laut Zeugenaussagen soll sich so mancher AfD-Sympathisant in der vermeintlichen Opferrolle gefallen und nicht zu deeskalieren versucht, sondern die Situation vor dem Kursaal für gezielte Provokationen genutzt haben. Diesen Vorwurf muss sich – einmal mehr – AfD-Stadtrat Heinrich Fiechtner gefallen lassen, der in Göppingen für den Landtag kandidiert.

Auch auf Facebook gibt er den „Agent provocateur“: So schrieb der Onkologe etwa am 9. Januar in Klinglers Chronik: „Frau Merkel ist in meinen Augen eine Verbrecherin am deutschen Volk und den anderen europäischen Völkern. Sie müsste eigentlich ihre Jahre in einem Gefängnis absitzen.“ FDP-Kreischef Armin Serwani hat auch deshalb am Donnerstag angekündigt, nicht mehr Fiechtners „Facebook-Freund“ sein zu wollen.