Immer mehr junge Städter leben heute alleine. Wenn es um die Liebe geht, haben wir so viele Freiheiten wie nie zuvor: Zu viel Auswahl, zu viele Möglichkeiten und ja nichts verpassen? In unserer Serie "Wie liebt Stuttgart" begeben wir uns auf Liebesspurensuche. Diesmal wollten wir beim Speed Dating mitmachen - und sind gescheitert.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Der Single an sich ist einfach nicht recht gesellschaftsfähig. Das denken vor allem diejenigen, welche diesen unsäglichen (Miss-)Zustand glücklicherweise überwunden haben. Darüber sind sie eigentlich auch fast immer ganz froh, wenn sie dann einem Menschen dieser Spezie „Single „begegnen. Zu solch aufregenden Veranstaltungen wie Pärchen-Kochabenden mit spannenden „Mensch-ärgere-dich-nicht-Runden“ bis tief in die Nacht, wird der Single meist gar nicht erst eingeladen. An Hochzeiten darf er mit den anderen von der lustigen Resterampe-Truppe an einem einsamen Tisch irgendwo in der Ecke sitzen. Manchmal glaubt der Single gar ohne seine anderen Single-Freunde könne er gar nicht aus dem Haus gehen. Nur ja nicht peinlich auffallen so als allein umhergehender Mensch. In den schlimmsten Stunden malt sich der Single das eigene Schicksal fasst schon selbst so aus.

 

So ist das aber natürlich nicht. Und natürlich hat der Single-Mensch viele gute Freunde, die ihm dabei helfen, seinen Zustand zu überwinden. Denn jeder Mensch, der den Absprung bereits geschafft hat, möchte selbstverständlich, dass jedem anderen Menschen auf dieser Welt das Liebesglück ebenfalls vergönnt ist. Und deshalb gibt es natürlich diese Pärchen-Freundinnen, die sich tagelang den Kopf zerbrechen, was man den nun mit all den alleine vor sich dahinsiechenden, sich selbst längst nicht mehr zu helfen-wissenden Menschen im eigenen Umfeld tun könnte. Die Erkenntnis, dass die Reichweite des eigenen Freundes- und Bekanntenkreises längst nicht ausreicht, am all diese Herren- oder Damenlosen gut unterzubringen, ist leider schnell gereift. Freundinnen, die ganz auf Zack sind, sind längst schon einen Schritt weiter und überlegen, ob nicht alle Pärchen ihre Single-Freunde in einen Topf werfen können und einfach mal für diese armseligen Geschöpfe eine Party machen. Nach dem Motto: Alle in einen Sack werfen, irgendwas kommt schon dabei raus. Der Rest findet sich ab einem gewissen Promillepegel sicherlich ohnehin von alleine.

Auf diese brilliante Idee sind auch schon Menschen gekommen, die mit eben jener Verzweiflung dieser Single-Spezies ihr Geld verdienen. Ein Weltrekord im Speed-Dating hätte es werden sollen. Auf dem Cannstatter Wasen wollte eben jene Liebesagentur unendlich viele einsame Herzen zusammenbringen. Wo könnte das nicht besser laufen als in einem Bierzelt inmitten von bierselig-schwankenden und damit ohnehin kontaktfreudigen tausenden von Menschen, während im Hintergrund die Schlagerkombo romantisch-passend „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben singt“. Wahrlich eine sehr schöne Idee von dieser Liebesvermittelungsstelle. Nur gekommen ist von diesen ganzen verzweifelten Singles leider niemand. Niemand hat die Chance genutzt, endlich den Richtigen oder die Richtig endlich zu finden. Wie soll man da noch helfen, wenn dieses Singles auch einfach so wählerisch sind?

Wer dennoch mal beim Speed-Dating (wie Tinder, nur mit echten Menschen) mit machen möchte, der kann sein Glück in regelmäßigen Abständen im Besitos oder im Park Hotel Inn am Marienplatz versuchen. Das ist dann natürlich ganz ohne Weltrekord.