Die Außenstelle Tennhof in Oeffingen ist für die Öffentlichkeit normalerweise unzugänglich. Wir haben Direktor Thomas Kölpin, 48, bei einem Besuch begleitet.

Oeffingen - Ein hölzernes Tor versperrt die Zufahrt zum Tennhof. Dichte Buschreihen umgeben einen drei Hektar großen Teil der vom Land Baden-Württemberg gepachteten Fläche und trennen sie von den umliegenden Feldern ab. In dieser relativen Abgeschiedenheit zwischen dem Oeffinger Ortsrand und dem Hartwald liegt eine Außenstelle der Stuttgarter Wilhelma. Hier kümmern sich die Revierleiterin Yvonne Eder und ihr Stellvertreter Ralph Bodenmüller sowie eine Urlaubs- und Wochenendvertretung um Gazellen, Papageien, Alpakas und andere Tiere.

 

Das Gelände ist öffentlich nicht zugänglich

„Das Gelände ist öffentlich nicht zugänglich“, sagt Yvonne Eder. Tiere, die auf ihren Umzug in einen anderen Zoo warten, haben hier ebenso eine Heimat gefunden wie beschlagnahmte Tiere oder zeitweilige Einzelgänger. Nepomuk beispielsweise, ein massiv gebauter Poitou-Hengst. Die männlichen Esel dieser alten Rasse haben ein anderes Sozialverhalten als Herdentiere wie etwa Pferde. „Die Hengste leben allein“, sagt der promovierte Ornithologe Günther Schleussner, der als Kurator in der Wilhelma unter anderem für Huftiere und Vögel zuständig ist.

Nepomuk wohnt dauerhaft in Oeffingen. Sein Gehege bietet aber auch Platz für gelegentlichen Damenbesuch. „Er hat im Jahr seine drei bis fünf Stuten“, sagt Günther Schleussner, denn das Erbgut des Riesenesels sei begehrt. Der mit einem zotteligen Fell ausgestattete Hengst gehört zu einer seltenen aus Westfrankreich stammenden Haustierrasse. Einst für die Feldarbeit bedeutsam, übernehmen längst Maschinen diese Aufgaben, und es gibt nur noch wenige Reinzuchten von Poitou-Eseln. Der Aufwand für Transport, Gesundheitsprüfungen und Pflege der weiblichen Gäste ist zwar groß, aber vor allem private Züchter sind bereit, dafür zu bezahlen. Anlässlich der ein- bis zweimal im Jahr stattfindenden großen Visite mit Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin und dem häufiger nach Oeffingen kommenden Zootierarzt Tobias Knauf-Witzens erhält Nepomuk viel Aufmerksamkeit, denn ein Ekzem am Sprunggelenk will nicht abheilen.

Bei den Papageien ist es mit der ländlich anmutenden Stille vorbei

Wenige Schritte entfernt ist es mit der ländlich anmutenden Stille vorbei. Ein Gehörschutz liegt im Erdgeschoss des Nachbargebäudes bereit, denn die dort untergebrachten acht Papageien sind mitunter fast so laut wie Raser, die mit ihren aufgemotzten Autos durch die Fellbacher Bahnhofstraße brettern. Hier stehen auch die Volieren der bedrohten ostasiatischen Doppelhornvögel, bei denen die Wilhelma in der Vergangenheit für eine kleine Sensation sorgte: Auf dem Tennhof gelang die Nachzucht der bis zu 130 Zentimeter großen und maximal drei Kilogramm schweren Vögel. Zwecks Schutz von Mutter und Kind vermauert das Männchen zu diesem feierlichen Anlass die Bruthöhle fast komplett. Nur eine kleine Öffnung bleibt dann noch zum Füttern.

Auf dem Tennhof leben insgesamt rund zwei Dutzend, zumeist größere Tiere wie Alpakas oder die ebenfalls zu den Neuwelt-Kamelen zählenden Vicunjas. Der Somali-Wildesel Gigolo – kürzlich wurde er Vater – ist ebenso darunter wie zwei grazile aus den Trockengebieten Nordafrikas stammende Dorkasgazellen. „Es ist keine Krankenstation“, sagt Thomas Kölpin über den Tennhof. Der 48-jährige Verhaltensbiologe, der vor drei Jahren vom Zoopark Erfurt auf den Chefposten in der Wilhelma wechselte, schätzt das Ausweichquartier in Oeffingen sehr, denn schließlich sind große Gehege in der Stuttgarter Wilhelma nicht nach Belieben vermehrbar.

Die Tiere genießen eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung

Die Tiere hier draußen genießen übrigens eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Yvonne Eder und ihr Kollege Ralph Bodenmüller haben zwei Dienstwohnungen auf dem Tennhof und wohnen in einem Gebäude direkt neben ihrem Arbeitsplatz.