Mit einer Sonderschau über Tiere als Bestäuber zeigt der botanisch-zoologische Garten seine besonderen Fähigkeiten. In mehreren Stationen lernt der Besucher faszinierende Beispiele über die engen Beziehungen zwischen Pflanzen und Tieren kennen.

Stuttgart - Etwas träge rekeln sich die drei Flugfüchse über den noch jungen Bananenstauden. Die Wilhelmagärtner haben die Pflanzen extra in dem kleinen Seitengebäude am Ende des Gewächshaustraktes gepflanzt. Zusammen mit vielen anderen Pflanzen, die von Tieren bestäubt werden. Und zwar nicht nur von Insekten, sondern auch von Vögeln, Reptilien und Säugetieren. „Wenn die Banane mit dem Flughund. . . Tiere als Bestäuber“, heißt die Sonderausstellung, die von heute Mittwoch bis Ende April zusätzliche Zuschauer in die Wilhelma locken soll – „und das zum günstigen Wintertarif“, wie Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin anmerkt.

 

Mit der Kombinationsausstellung aus Pflanzen und Tieren kann der zoologisch-botanische Garten auf seine bundesweit einmalige Stellung wie auch auf sein besonderes Knowhow aufmerksam machen: sich kompetent sowohl um Tiere als auch um Pflanzen zu kümmern und diese auch den Besuchern zu zeigen. Die vielfältigen Strategien, wie Pflanzen tierische Bestäuber anlocken, eignet sich dazu ganz besonders. Vor allem, weil es den Zoologen und Botanikern gelungen ist, eine spannende und vielfältige Ausstellung zusammenzustellen, die interessierten Besuchern wie auch Experten seltene Einblicke in das Liebesleben der Pflanzen zeigt.

Einmalige Romanze zwischen Gecko und Glockenblume

Da ist zum Beispiel die Romanze, die eine seltene Glockenblumenart auf der Insel Mauritius mit Geckos eingeht. So bildet die Glockenblume in ihren Blüten blutrote Nektartropfen, die auf die quirligen Reptilien offenbar sehr verlockend wirken. Jedenfalls naschen sie gerne in jeder verfügbaren Blüte von dem süßen Nektar – und übertragen dabei Pollen von einer zur anderen Glockenblume. „In dieser Kombination aus Tier und Pflanze dürfte das wohl nirgendwo sonst auf der Welt zusammen zu sehen sein“, berichtet Björn Schäfer, der die botanische Abteilung der Wilhelma leitet.

Bei der Glockenblume gibt es für die Geckos immerhin etwas zu holen. Manche Aasblumen täuschen ihre Bestäuber dagegen auf der ganzen Linie und lassen sie leer ausgehen. Da sie in Wüsten wachsen, zum Beispiel in der Kalahari, wo es wegen der wenigen blühenden Pflanzen kaum die üblichen Bestäuber wie beispielsweise Bienen gibt, haben sie sich einen besonderen Trick für die Bestäubung „ausgedacht“: Sie haben es auf spezielle Fliegen als Liebhaber abgesehen, die ihre Eier in Aas legen.

Wenn die Larven in den tierischen Überresten schlüpfen, leben sie wie im Schlaraffenland. Lassen sich die Fliegen aber von einer dieser Aasblumen – botanisch gehört sie zu den Stapelien – durch die einem Tierfell ähnelnden Blüten mit dem typischen Aasgeruch anlocken und zum Eierlegen verführen, dann gibt es für die Larven nichts zu fressen und sie verhungern. Die Pflanze kommt dagegen auf ihre Kosten: Sie wird von den Fliegen bestäubt.

Striemengrasmäuse lassen sich die Blüten schmecken

In weiteren Stationen haben die Zoologen und Botaniker auch Beispiele zusammengetragen, wie Vögel und Säugetiere Pflanzen bestäuben. Oder wie es die Tomatenzüchter schaffen, mit Hummelvölkern, die in Gewächshäusern ausgesetzt werden, die Tomatenblüten so vollständig befruchten zu lassen, dass sich zum Beispiel makellose Tomatenrispen entwickeln können.

Dass die Tiere dabei nicht immer genau das machen, was sie sollen, gehört mit zum Zooalltag: So haben beispielsweise die südafrikanischen Striemengrasmäuse in ihrem geräumigen Käfig noch vor dem Ausstellungsbeginn kurzerhand die Blüten der dort wachsenden Proteen abgefressen, anstatt sie nektarnaschend zu bestäuben – was eigentlich ihre Aufgabe gewesen wäre.

Für die Besucher ist die Ausstellung eine gute Gelegenheit, neben den im Schmetterlingshaus einquartierten Flugfuchsdamen auch wieder drei Männchen dieser großen Fledertiere zu besichtigen. Seit das Nachtierhaus geschlossen wurde, sind sie nämlich hinter den Kulissen untergebracht. In der Natur ernähren sich die Flughunde, zu denen auch die Flugfüchse gehören, von Nektar, Pollen und Früchten und befruchten dabei die Pflanzen. Doch groß genug, um Blüten zu tragen, werden die Bananenstauden bis zum Ende der Ausstellung am 24. April nicht mehr.