Mit einer ausrangierten Sonde aus dem Olgahospital wird in der Wilhelma kranken Tieren geholfen. Außerdem klärt der Zooarzt Besucher darüber auf, warum selbst kleinste Gegenstände für Flusspferde tödliche Folgen haben können.

Stuttgart - Es sollte wohl lustig sein. Das Flusspferd hatte seinen riesigen Rachen geöffnet. Ein Besucher der Wilhelma fühlte sich bemüßigt, einen Tennisball hineinzuwerfen. Ein tödlicher Scherz, denn die Magensäure löste den Plastikball an, bis er mit dem Gewebe zu einem Klumpen zusammenwuchs. Die einschläfernde Spritze erlöste das Tier von seinen Qualen. Zooarzt Tobias Knauf-Witzens verfügt über ein trauriges Repertoire an Geschichten von menschlichem Leichtsinn und dem Leid von Zootieren.

 

Zahl der Vergiftungsfälle gehen zurück

Er weiß aber auch Gutes zu berichten. Zum einen seien die Fälle von Verletzungen und Vergiftungen durch in die Käfige geworfene Gegenstände dank Aufklärung stark zurückgegangen. Zum anderen verdankt die Wilhelma dem Olgahospital ein ausrangiertes Untersuchungsgerät für den Ernstfall: einen sogenannten Endoskopie-Turm. Damit kann der Arzt mit Hilfe einer Sonde tief in den Magen eines Tieres blicken und erkennen, ob darin etwas ist, was schlichtweg nicht hingehört.

Bisher gab es ein solches Gerät nicht im Zoo, sagt der Tierarzt. „Ausleihen konnten wir einen Endoskopie-Turm auch nicht, weil er nach dem Gebrauch für unsere Tiere nicht mehr für die Untersuchung von Menschen zugelassen worden wäre.“ Jetzt wartet das Medizingerät auf seinen ersten Einsatz. Das könnte eine Weile dauern, sagt Knauf-Witzens. „Die meisten Magenprobleme kann ich anhand der Symptome erkennen.“ Nur in kritischen Fällen würde der Turm gebraucht. „Dann kann er aber das Leben von Tieren retten“, sagt der Arzt.

Besucher werden mit Fundstücken aus Tiermägen konfrontiert

Der Zoo bemüht sich darum, die Tiere vor dem Verschlucken achtlos weggeworfener Gegenstände zu schützen. So macht er die Besucher auf drastische Weise auf die Folgen aufmerksam. Im Aquarium steht ein Behälter mit Plastikteilen oder Münzen. All diese Dinge wurden in Fischen gefunden, die jämmerlich verendet sind. Ein Schild weist darauf hin. Die Besucher eines Zoos müssten sich eigentlich nur an zwei Dinge halten, sagt Tobias Knauf-Witzens: „Nichts in den Käfig werfen und kein Tier füttern.“ Die Erdnüsse etwa, mit denen Besucher Affen vermeintlich etwas Gutes tun, führen zu schmerzhaften Verdauungsproblemen und können langfristig Probleme auslösen, wie sie auch Menschen kennen: Fettsucht und Arterienverkalkung.

Noch dramatischere Folgen habe das Werfen von Münzen in die Käfige von Krokodilen und Seelöwen. Manche Besucher halten das für einen Glücksbringer wie am Trevi-Brunnen in Rom. Den Tieren bringt es mit ziemlicher Sicherheit einen qualvollen Tod, sagt der Zooarzt der Wilhelma. „Die Münzen können nicht ausgeschieden werden und geben langsam die giftigen Schwermetalle ab. Außerdem ätzt die Magensäure die Münzen an, so dass die Kanten scharf werden und die Schleimhaut verletzen.“ Die vermeintlichen Glücksbringer wirken also auf die inneren Organe wie ein Bündel Rasierklingen, das verschluckt wurde. Tobias Knauf-Witzens hofft, dass das neue Endoskopie-Gerät die Geldstücke in den Mägen von kranken Tieren nicht allzu oft entdecken muss.