Im Dach des Wilhelmspalais sind Schadstoffe entdeckt worden. Die Bauarbeiten bleiben aber im Zeitplan, das Stadtmuseum soll 2017 eröffnen. Teile der ehemaligen Bibliothekseinrichtung lagern derweil im Stadtarchiv.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Arg ramponiert sieht das denkmalgeschützte Wilhelmspalais derzeit aus: Die Fenster fehlen, das Dach ist an mehreren Stellen offen, und im Inneren liegen die groben Sandsteine der Außenwände blank da. Doch es kommt noch schlimmer: Bis Oktober wird das Dach komplett entfernt, dazu werden die Zwischengeschosse im Inneren entfernt – dann werden nur noch die vier Außenmauern des Gebäudes von Giovanni Salucci aus dem Jahr 1840 stehen bleiben.

 

So will es der Plan für den Umbau des Stadtsitzes von König Wilhelm II. und der späteren Stadtbücherei – Mitte 2017 wird das neue Stuttgarter Stadtmuseum in dem Gebäude eröffnen. „Wir liegen jetzt im Zeitplan“, sagt Anja Dauschek, die Leiterin des Planungsstabes, erleichtert. Das ist nicht selbstverständlich, da jetzt auch im Dach Schadstoffe gefunden worden sind – deshalb die teilweise entfernten Ziegel. Die Entdeckung von Asbest in den Verfugungen der Fenster war im vergangenen Dezember einer der Gründe gewesen, dass die Eröffnung um fast ein Jahr verschoben werden musste. Auch die Kosten hatten sich dadurch um zwei Millionen Euro auf jetzt 38,3 Millionen Euro erhöht.

Teile der ehemaligen Bibliothekseinrichtung sind eingelagert

Das ursprüngliche Wilhelmspalais bleibt also erhalten, dasjenige der 1950er Jahre geht dagegen unter – aber doch nicht ganz. Anja Dauschek und ihr Team haben vor dem Beginn der Abriss- und Umbauarbeiten im vergangenen Herbst vieles gerettet, was einen historischen Wert besitzt oder was zumindest die Atmosphäre der alten Stadtbücherei in Teilen bewahrt. Dazu gehört ein Bücherregal und ein Karteikasten – beides eigentlich potthässlich, doch dokumentieren diese Möbel die Bücherei in den 1960er Jahren. Auch eine Schreibmaschine von Arnulf Klett, die sich im Wilhelmspalais befand, viele Lampen, Türgriffe, ein graues Telefon mit Wählscheibe und die schweren Metalltüren des Max-Bense-Saales wanderten in das Depot des Stadtmuseums in Bad Cannstatt. Ja sogar zehn Quadratmeter der Travertinwände wurden abmontiert und eingelagert. „Es ist für uns sehr wichtig, dass wir die Geschichte des Gebäudes dokumentieren“, so Dauschek.

Aus des Königs Zeiten ist dagegen fast nichts erhalten – die existierenden Fotos sind naturgemäß in Schwarz-Weiß gehalten, so dass man nicht einmal mehr genau sagen könne, ob Wilhelm II. grüne oder rote Vorhänge hatte, so die Leiterin. Umso glücklicher ist Anja Dauschek, dass man zwei Stühle aus Privatbesitz ergattern konnte, die mit großer Sicherheit zum Mobiliar des Wilhelmspalais gehörten – da saß vielleicht einmal der König drauf.

Eine Puppenstube mit anthroposophischem Mobiliar

Daneben ist das Stadtmuseum kontinuierlich dabei, Einzelobjekte für die Dauerausstellung zu erwerben. So konnte bei einer Antiquariatsmesse mit finanzieller Hilfe der Mahle-Stiftung eine nicht ganz billige Puppenstube aus Stuttgart ersteigert werden, die mit anthroposophischem Mobiliar ausgestattet ist – die Stühle und Tische sind originalen Möbeln nachempfunden. Mit einem solchen Objekt könne man die wichtige Geschichte der Anthroposophie in Stuttgart erzählen, so Dauschek – wie überhaupt das Stadtmuseum nur Gegenstände sammelt, die eine Geschichte über Menschen und deren Tun und Denken erzählen können. Sonst bleiben alle Objekte tot.

Die Stuttgarter Bürger seien dem Stadtmuseum im Übrigen dabei sehr behilflich; fast täglich kämen Angebote. Zuletzt hat das Stadtmuseum einen Seesack aus dem Ersten Weltkrieg und eine Sammlung mit Kitschgegenständen aus Stuttgart geschenkt bekommen.