Es gibt in Wimsheim mehr als den Streit um die Goldscheideanstalt Hafner. Bei einem Rundgang mit dem früheren Radvereinschef Peter Mayer zeigt sich die Schönheit des Ortes, seine Entwicklung und sein Umgang mit Flüchtlingen.

Wimsheim - Wer Peter Mayer fragt, ob er das halbe Dorf kennt, dem antwortet er: „Nein, das ganze.“ Vor 46 Jahren ist der heute 72-Jährige von Pforzheim nach Wimsheim gezogen, weil er dort eine Wohnung in der Ortsmitte gefunden hat. Im Jahr 1976 hat er gebaut und wohnt nun inmitten eines Idylls, hat Ruhe und wirtschaftlichen Aufschwung zugleich vor der Haustür. 22 Jahre lang war er Chef des Radfahrvereins, ohne je selbst Rad gefahren zu sein. Peter Mayer saß im Gemeinderat und ist so mit dem Ort verwachsen, dass seine Kinder auch hier geblieben sind.

 

Wir treffen Peter Mayer vor seinem Häuschen im Mühlweg. Es war das erste der ganzen Siedlung, die 1976 hier entstanden ist. Es war die große Erweiterung des Heckengäu-Örtchens in den 70ern, nach der Wenntal-Siedlung für die Vertriebenen in der Nachkriegszeit und dem Neubaugebiet in den 60er Jahren. In den 40 Jahren ist quasi neben Mayers Haus ein kleines Zentrum entstanden: Schule, Kindertagesstätte, das neue TSV-Sportheim und 2009 die schmucke Hagenschießhalle.

Der Dauerbrenner Autobahn

Und doch steht Peter Mayer nach nur wenigen Schritten in einer Streuobstwiese. In der Ferne rauscht die Autobahn. „Bei Südwind hört man sie“, sagt er schmunzelnd. Aber das stört ihn nicht. Früher konnte man sogar von der Porsche-Teststrecke in Weissach den Sound der Boliden hören, aber auch das ist Vergangenheit. In der Ferne blitzt die seit anderthalb Wochen bezogene Hafner-Fabrik im Gewerbegebiet Breitloh-West durch. „Das hat sich hochgeschaukelt“, sagt Mayer zu dem politischen Streit im Gemeinderat darüber.

Hinter dem Sportplatz fällt der Blick auf das Neubaugebiet Frischegrund. 40 Häuser sind hier schon entstanden, 40 weitere sollen dazu kommen. Die Grundstückspreise sind mit 260 Euro pro Quadratmeter noch erschwinglich. „Es kommen Ingenieure und Angestellte von Daimler, Porsche und Bosch zu uns“, erzählt Peter Mayer.

Von der Stadt ins Dorf

So wie er vor 40 Jahren gekommen ist. Er wurde Einkaufsleiter in der Leonberger Maschinenfabrik Bammesberger, ging 22 Jahre in den Verkauf bei der Firma Neumo in Knittlingen/Enzkreis. Doch Wimsheim wurde sein Lebensmittelpunkt. „Schrecklich fand ich das hier zu Beginn“, sagt seine Frau Renate, „von der Stadt ins Dorf.“ Doch man hat den Flecken lieb gewonnen. Peter Mayer blickte von seiner ersten Wohnung jeden Tag aufs Radsportheim. „Irgendwann habe ich mal gefragt, ob ich was helfen kann“, erzählt er.

So kam er in den Verein, fand Anschluss an das Dorfleben, blieb 22 Jahre lang Vorsitzender. Nun ist sein Sohn Heiko Mayer Chef des 180 Mitglieder starken Clubs, der mit Radball sogar einige Zeit in der Zweiten Bundesliga gespielt hat. „Wir haben das Amt vererbt“, schmunzelt Peter Mayer.

Szenenwechsel, der Ortskern. Hier wird deutlich, warum es Wimsheim-Aufkleber mit dem Spruch „Schöne Gemeinde im Enzkreis“ gibt – Mayer hat übrigens auf seiner Reisetasche einen solchen Bepper kleben. Das alte Schulhaus, die eingerüstete Michaelskirche mit Sandstein-Optik. Erst im vergangenen Jahr wurde das Pflaster im Ortskern erneuert. Es ist wirklich schön hier, die Bäckerei Böss bietet Außenbestuhlung an. Das rot gestrichene Gebäude gehört der Raiffeisenbank, ein Handels-Gegenpol zum Edeka-Markt am Ortsrand.

„Wohlhabende Gegend“

Leider hat der Mönsheimer Metzger Maier just in dieser Woche seine Filiale geschlossen. Gegen den Edekamarkt mit Metzger auf der grüne Wiese am Ortsrand hatte man keine Chance. Ein Schild informiert die Bürger, dass seit dem 24. August Schluss ist. Aber Wimsheim hat noch Infrastruktur, es gibt einen Friseur, mehrere Buslinien, im alten Rathaus ist die Sozialstation. Und viele renovierte Häuser, kaum Leerstände. „Man merkt, dass wir eine wohlhabende Gegend sind“, erzählt Peter Mayer. Wimsheim zeichnet zudem auch ein besonderer Zusammenhalt aus. Seit 40 Jahren gibt es das Straßenfest, bei dem sechs Vereine kooperieren.

Im Ortskern ist aber auch eine andere Seite von Wimsheim zu sehen. In der alten TSV-Halle sind 40 Flüchtlinge untergebracht. Vorwiegend aus den Balkanländern, aber auch eine Chinesin lebt dort. In der Halle sind die Stockbetten mit Bauzäunen und Planen abgetrennt. Eine ganz andere Welt, auf dem Rasenplatz spielen Kinder Fußball. Seit zwei Wochen wohnen sie hier und warten auf den Asylbescheid. „Es gibt hier keine Probleme“, sagt der Hausmeister Waldemar Wilwer zufrieden.

„Da merkt man erst, wie gut es uns geht“, meint Peter Mayer. Wenige Meter weiter wohnen andere Flüchtlinge – die Wenntalsiedlung der Heimatvertriebenen. Sie haben die Integration schon geschafft.