Noch immer ist unklar, welche Kriterien die Politik bei der Standorteauswahl für neue Windkraftanlagen aufstellen will. Diese Hängepartie schürt das Misstrauen und schadet der Energiewende, kommentiert StZ-Redakteur Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Bisher gibt es in der gesamten Region Stuttgart nur ein modernes großes Windrad, jenes in Ingersheim im Landkreis Ludwigsburg – in den nächsten Jahren werden aber vielleicht 100 oder mehr dazukommen. Man mag das gut oder schlecht finden, unbestritten dürfte sein: das Landschaftsbild wird sich massiv verändern, denn diese Räder stehen meistens auf Hügeln oder Bergrücken und sind mit teils knapp 200 Meter Höhe nur wenig niedriger als der Stuttgarter Fernsehturm.

 

Unterschiedliche Regelungen innerhalb des Landes

Bei einem solchen Ausmaß an Veränderung ist es zwingend notwendig, genau und transparent zu planen – und beides hat sich der für Windkraftstandorte verantwortliche Verband Region Stuttgart (VRS) seit Beginn des Verfahrens auf die Fahnen geschrieben. Doch je näher die endgültige Entscheidung im Sommer rückt, umso mehr Fragen tauchen auf. Wie kann es sein, dass selbst innerhalb eines Bundeslandes ganz unterschiedliche Regeln dafür gelten, wo ein Windrad stehen darf und wo nicht? Ostwürttemberg zum Beispiel hat viel Platz und viel Wind und kann es sich deshalb leisten, sehr hohe Hürden für ein Windrad aufzustellen; die Region Stuttgart dagegen besitzt wenig Platz und wenig Wind und hat deshalb, bisher zumindest, niedrige Hürden. Die Folge ist, dass sich rund um Stuttgart zuletzt mehr Windräder drehen könnten als in windstärkeren Regionen.

Ist das gerecht, und ist das richtig? Darüber hätte es längst eine öffentliche politische Debatte in der Regionalversammlung geben sollen, doch diese kommt nun erst am 20. Mai – vier Jahre nach dem Start des Verfahrens und zwei Monate vor dem Abschluss. Viel Zeit zum Diskutieren wird da nicht mehr bleiben.

Diskussionen hinter verschlossenen Türen

Vor allem aber hat der VRS auch gegen seine Selbstverpflichtung zur Transparenz verstoßen: Politisch diskutiert wurde im März nämlich sehr wohl, aber in zwei nichtöffentlichen Sitzungen. Der Verband beteuert, dabei sei es nur um Formalien gegangen – doch wie man hört, wurde bereits über Kriterien und Standorte gestritten.

Es wird deshalb endlich Zeit, dass die Fraktionen aus der Deckung kommen und ihre politischen Positionen öffentlich vertreten. Zwei Termine – eine Sitzung im Planungsausschuss am 20. Mai und die Entscheidung in der Regionalversammlung am 22. Juli – sind dafür schlicht zu wenig.