Womöglich wird der Standort im Tauschwald schon am Dienstag im Umweltausschuss gestrichen. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz hat sich jetzt kategorisch gegen die zwei geplanten Anlagen im Wald ausgesprochen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Es wird immer fraglicher, ob die beiden Windräder im Tauschwald jemals gebaut werden. Naturschutzverbände haben sich jetzt kategorisch dagegen ausgesprochen, im Gemeinderat bröckelt die Mehrheit, und auch die Bezirksbeiräte von Weilimdorf, Feuerbach und Botnang haben am Mittwochabend die Windkraftanlagen abgelehnt.

 

Rund 300 Bürger verfolgten die Sitzung in der Lindenbachhalle; sie hoben bei Argumenten, die sie für falsch hielten, mitgebrachte rote Karten und buhten manche Wortmeldung auch aus, was Bezirksvorsteherin Ulrike Zich aber energisch unterband. Michael Maxelon, der Geschäftsführer der Stadtwerke, betonte, dass es jetzt noch nicht um den Baubeschluss gehe. Vielmehr soll das Genehmigungsverfahren eröffnet werden, in dem gerade alle offenen Fragen zu Naturschutz und Belästigungen der Anwohner geklärt werden sollen. Es sei wichtig, von der Naturschutzbehörde eine Aussage zu erhalten, ob die Räder rechtlich möglich seien. Bisher könne man nur spekulieren.

Die Situation ist kurios

Auch Grüne, SPD und SÖS möchten das Verfahren vorerst fortführen, trotz Bedenken wegen des Artenschutzes. Die Bezirksbeiräte von Weilimdorf und Feuerbach lehnten die Einleitung des Verfahrens aber mehrheitlich ab; in Botnang gab es ein Patt, was auch Ablehnung bedeutet.

Am Dienstag könnte es dann sogar schon zum endgültigen Scheitern des Projektes kommen. Denn CDU, FDP, Freie Wähler und AfD haben im Ausschuss für Umwelt und Technik acht Stimmen – Grüne, SPD und SÖS-Linke-Plus ebenso. Der Einzelstadtrat Ralph Schertlen von den Stadtisten ist also das Zünglein an der Waage. Schertlen hat sich auf Facebook gegen den Tauschwald ausgesprochen. Auf Nachfrage sagte er allerdings, dies sei seine Privatmeinung. Er müsse sich noch mit den Stadtisten absprechen. Die Situation ist kurios, weil die Konstellation im Ausschuss nicht das wirkliche Kräfteverhältnis im Gemeinderat widerspiegelt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Naturschutzbund (Nabu) haben sich am Mittwoch kategorisch gegen den Standort ausgesprochen, nachdem sie das Artenschutzgutachten, das die Stadtwerke in Auftrag gegeben haben, ausgewertet haben. Es lebten im Tauschwald elf Fledermausarten und 48 Brutvogelarten; vermutlich sei die Vielfalt nirgendwo in Stuttgart größer. Vor allem für den seltenen Wespenbussard und den Baumfalken wären die Räder existenzbedrohend. „Der Preis ist einfach zu hoch, den man für zwei Windräder mit mäßigem Ertrag bezahlen müsste“, sagte Gerhard Pfeifer vom BUND. Er und sein Nabu-Kollege Ulrich Tammler appellierten dringend an die Stadt, das Verfahren abzubrechen.

Für den Wespenbussard seien die Räder existenzbedrohend

Auf jeden Fall würden die Stadtwerke wegen der bedrohten Arten eine Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums benötigen, sagte Pfeifer. Er sei überzeugt, dass die Behörde diese Genehmigung nicht erteilen werde.

Kritik kommt auch von einer Bürgerinitiative

Lothar Barth von der Bürgerinitiative Pro-Tauschwald kritisierte am Mittwochabend, dass die Windstärke im Gutachten der Stadtwerke hochgerechnet worden sei, um sie in 140 Metern Höhe und in einem normalen Windjahr beziffern zu können; das sei ein Unsicherheitsfaktor und könne bedeuten, dass die Räder am Ende nicht wirtschaftlich seien. Die Stadtwerke halten die Rechnung für üblich. Bisher haben sie 230 000 Euro für die Planung ausgegeben; das Genehmigungsverfahren kostet weitere 150 000 Euro.