Fast vier Jahre ermittelte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Nun müssen sich die Verantwortlichen von Windreich möglicherweise vor Gericht verantworten. Darunter ist auch ein ehemaliger Politiker.

Stuttgart - Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen acht Verantwortliche des Windpark-Projektentwicklers Windreich AG erhoben. Den Verantwortlichen - darunter Windreich-Gründer Willi Balz - wird neben Insolvenzverschleppung und Beihilfe dazu bei mehreren Gesellschaften auch Betrug in Höhe von mehreren Millionen Euro vorgeworfen, wie die Behörde am Freitag in Stuttgart mitteilte. Darüber hinaus sollen sie sich laut Anklage wegen Kreditbetrugs, Bilanzfälschung, Verletzung der Berichtspflicht, Gläubigerbegünstigung und Insiderhandels vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Das muss nun über die Eröffnung des Verfahrens entscheiden.

 

Balz selbst bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er unter den Angeklagten ist. Er hält die Vorwürfe für haltlos. Schon bei der ersten Durchsuchung sei die Staatsanwaltschaft an entscheidender Stelle von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er wittert eine Verschwörung früherer Gläubiger. Seine Firma sei nie zahlungsunfähig gewesen.

Auch Ex-Wirtschaftsminister Walter Döring angeklagt

Tatsächlich hatte Windreich auf Druck eines Gläubigers im März 2013 wegen hoher Schulden Insolvenz angemeldet. Das Insolvenzverfahren wurde im Dezember des gleichen Jahres eröffnet.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Frühjahr 2013 Ermittlungen aufgenommen und im Verlauf auf 20 Beschuldigte ausgeweitet. Die Ermittlungen gegen 12 davon wurden eingestellt.

Laut einem Bericht der „Heilbronner Stimme“ ist auch der frühere baden-württembergische Wirtschaftsminister Walter Döring unter den Angeklagten. Döring selbst habe das der Zeitung bestätigt. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft war am Vormittag nicht erreichbar. Döring hatte 2013 der dpa bestätigt, dass sich die Untersuchung auch gegen ihn richtete.

Die Windreich AG, die inzwischen in eine GmbH übergegangen ist, plante und entwickelte Windparks, um sie dann an Investoren zu verkaufen. Das Geschäft birgt hohe finanzielle Risiken. Schon vor der Insolvenz zeichneten sich Probleme bei Windreich ab: Ein 2012 zunächst geplanter Börsengang wurde verschoben. Im gleichen Jahr half ein schottischer Investor Balz mit Krediten aus einem Liquiditätsengpass und kaufte ihm ein Windpark-Projekt ab.

Die relevanten Forderungen bezifferte er 2016 auf rund 270 Millionen Euro

Im vergangenen Jahr war es dem Insolvenzverwalter gelungen, Anteile an einem Offshore-Projekt an Finanzinvestoren zu verkaufen. Dennoch müssen die Gläubiger nach Einschätzung des Insolvenzverwalters mit hohen Ausfällen rechnen. Die relevanten Forderungen bezifferte er 2016 auf rund 270 Millionen Euro. Zu verteilen gab es damals allerdings nur noch etwa 86 Millionen Euro. Nach einem Urteil könnte der Insolvenzverwalter prüfen, ob sich weitere zivilrechtliche Ansprüche ergeben.

Besonders hart dürfte es die Anleihenzeichner von Windreich treffen. In den Jahren 2010 und 2011 hatte Windreich mehrere Anleihen aufgelegt, die Anleger zeichneten Papiere im Wert von knapp 130 Millionen Euro. Doch nach dem Insolvenzrecht werden sie wie Darlehensgeber nachrangig behandelt, also zuletzt ausbezahlt.