Der Grüne Winfried Hermann ist jetzt der Favorit für das Verkehrsressort im grün-roten Kabinett. Für ihn wäre es ein Rollenwechsel.

Stuttgart - Noch schweigt sich Winfried Hermann darüber aus, ob er als Verkehrsminister des Landes in das künftige grün-rote Kabinett wechselt. Am Mittwoch erst wollen der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann und SPD-Chef Nils Schmid die vollständige Kabinettsliste bekannt geben. Doch nach der Absage des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer und dem Ausscheiden des Stuttgarter Landtagsabgeordneten Werner Wölfle aus dem Kandidatenrennen bleibt eigentlich nur noch der 58-jährige Verkehrsexperte aus dem Bundestag übrig, um den Posten zu übernehmen. Wobei - so viel zur Bezeichnung des neuen Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur - noch offen bleibt, was außerhalb der Verkehrspolitik mit Infrastruktur noch gemeint sein könnte.

 

Allein schon der Name Winfried Hermann ist geeignet, bei den Befürwortern des Projekts Stuttgarts 21 spontane Migräneanfälle auszulösen. Gehört der gebürtige Rottenburger doch zu den vehementesten und einflussreichsten, manche sagen: trickreichsten Kritikern nicht nur des Tiefbahnhofs, sondern auch der Schnellstrecke nach Ulm. Unter den Sozialdemokraten reagieren manche mit erhöhter Adrenalinproduktion auf Hermanns Verlautbarungen. Als Kuschelonkel zur Hebung des koalitionsinternen Wohlfühlfaktors eignet er sich ganz sicher nicht.

Wie kann man nur, zischen seine Kritiker, als Abgeordneter aus Baden-Württemberg die Einbettung des Landes ins europäische Schnellbahnnetz hintertreiben. Sie verweisen auf die aktive bayerische Standortpolitik zumal der CSU in Berlin. Hermann, dem niemand Sachkunde absprechen kann, befindet sich allerdings in der glücklichen Lage, dass sich seine parteistrategischen Interessen mit den Aufgaben seines Mandats decken. Schließlich ist er als Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Verkehrsausschusses dem Gesamtstaat verpflichtet und nicht baden-württembergischen Partikularinteressen. Aus dieser Warte gibt es vordringlichere Schnellstrecken als jene zwischen Stuttgart und Ulm. Für einen Landesminister Hermann sähe das schon wieder anders aus. Als solcher mag er sich für den Fall, dass Stuttgart 21 scheitert, für den schnelleren Ausbau der Rheintalstrecke einsetzen.