Bei einem Erfahrungsaustausch über den Umgang mit Flüchtlingen haben der Rems-Murr-Kreis und sein Partnerlandkreis Meißen Parallelen, aber auch deutliche Unterschiede festgestellt. Beide Seiten wollen von den Erkenntnissen nun profitieren.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Winnenden/Meißen - Eines habe der Partnerlandkreis Meißen dem hiesigen in der Asylfrage voraus, sagt der Rems-Murr-Landrat Johannes Fuchs: eine konsequente Abschiebungspolitik gegenüber jenen Flüchtlingen, die keine Aussicht auf Anerkennung ihres Asylstatus hätten. Das sei im Freistaat Sachsen anders als in Baden-Württemberg, wo 92 Prozent der Asylsuchenden gerade einmal eine Bleibewahrscheinlichkeit von maximal drei Prozent hätten.

 

Bei einem Erfahrungsaustausch anlässlich des Besuchs der Partner aus Meißen ist laut Fuchs klar geworden, dass die Probleme der Landkreise, den Zustrom neuer Flüchtlinge zu bewältigen, ähnlich sind – wenngleich es unterschiedliche örtliche Voraussetzungen gebe. Deutlich verschieden sei oft die Haltung der Bevölkerung.

Offiziell liegt der Ausländeranteil im Rems-Murr-Kreis bei elf Prozent. Weit mehr als ein Viertel der Bevölkerung aber hat einen Migrationshintergrund. Das scheint der Meißener Delegation bei ihrem Besuch aufgefallen zu sein: „Man begegnet diesen Menschen ganz selbstverständlich im täglichen Leben“, sagt der für Asylfragen zuständige Beigeordnete des Meißener Landratsamts, Ulrich Zimmermann.

Das sei im Osten auch 25 Jahre nach der „Wende“ noch etwas anders. Deshalb sei auch in seinem Landkreis die Akzeptanz gegenüber Fremden eine andere, räumt der erst kürzlich im Amt bestätigte Meißener Landrat Arndt Steinbach (CDU) ein. Und ja, Fremdenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung sei nicht zu leugnen. 30 Prozent der Straftaten in Sachsen würden von Rechtsextremen begangen. Auch wenn man in Meißen von folgenschweren Anschlägen bisher verschont geblieben sei, müsse man „ein wachsames Auge haben“.

Eine Fachstelle Rechtsextremismus, wie es sie seit 15 Jahren im Waiblinger Landratsamt gibt, hält Steinbach für einen guten Ansatz, der braunen Gefahr zu begegnen. Man wolle prüfen, ob eine solche Stelle in Meißen installiert werden könne. Joachim Frey vom Geschäftsbereich Besondere Soziale Hilfen im Waiblinger Landratsamt hingegen hofft, dass der Rems-Murr-Kreis von den Erfahrungen der Partner bei der Flüchtlingsbetreuung profitieren kann. Diese erledigt in Meißen die Diakonie. Auch der Rems-Murr-Kreis prüft derzeit eine Vergabe an einen Träger der Öffentlichen Wohlfahrtspflege.

Nur ein Drittel der Asylsuchenden in Meißen sei in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, sagt Frey. Die Flüchtlinge auf einzelne Wohneinheiten zu verteilen, sei im Rems-Murr-Kreis hingegen oft nicht möglich. „Das gibt der Wohnungsmarkt bei uns leider nicht her.“ Nicht abweichen wolle man aber von der Strategie der dezentralen Einquartierung in möglichst kleinen Einheiten. Allerdings macht der Landrat deutlich, dass man kaum nachkomme, geeignete Unterkünfte zu schaffen. Zurzeit gebe es „null Reserve“. Bis Ende des Jahres kalkuliere man mit 2500 Flüchtlingen, doch die Zuweisungsraten änderten sich ständig. Das Szenario einer vorübergehenden Notunterbringung in einer Turnhalle oder einer ähnlichen Räumlichkeit könne nicht kategorisch ausgeschlossen werden.

Kaum hilfreich hingegen findet Arndt Schmidt in diesem Zusammenhang die Anregung des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, mehr Flüchtlinge in den neuen Bundesländern unterzubringen. „Ich lade ihn gerne dazu ein, sich bei uns ein Bild von der ebenso angespannten Situation zu machen.“