Nach Ludwigsburg sollen auch an der Hochschule Konstanz fragwürdige Zulagen an Professoren gezahlt worden sein. Das Wissenschaftsministerium in Stuttgart und die Staatsanwaltschaft befassen sich mit den Praktiken.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart/Konstanz - In Baden-Württemberg wird jetzt eine zweite Affäre um Zulagen für Professoren bekannt. Ähnlich wie an der Beamtenhochschule in Ludwigsburg, die derzeit einen Sonderausschuss des Landtags beschäftigt, sollen auch an der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft, Gestaltung (HTWG) auf fragwürdiger Grundlage Extra-Zahlungen gewährt worden sein. Entsprechende Informationen der Stuttgarter Zeitung bestätigte das Wissenschaftsministerium von Theresia Bauer (Grüne), das den Fall an sich gezogen hat, und die Hochschule selbst. Die Untersuchungen liefen allerdings noch, eine abschließende Bewertung sei derzeit nicht möglich. Die Staatsanwaltschaft Konstanz hat derweil Vorermittlungen eingeleitet, wie ein Sprecher bestätigte. Grundlage ist eine anonyme Anzeige wegen des Verdachts auf Untreue, die sich gegen den Hochschulpräsidenten Professor Carsten Manz richtet.

 

Von den fragwürdigen Zahlungen sollen in Konstanz bis zu 50 Professoren profitiert haben – deutlich mehr als in Ludwigsburg. Das Ministerium spricht von einer „relevanten Anzahl von Betroffenen“. Nach seinen Angaben geht es um unterschiedliche Arten von Zulagen, Leistungsbezüge, Forschungs- und Lehrzulagen sowie um den Wechsel von Professoren aus der C-Besoldung in die stärker leistungsbezogene W-Besoldung. Geprüft würden auch Zahlungen an angestellte Professoren. Ein konkretes Finanzvolumen lasse sich derzeit noch nicht beziffern.

Ministerium kassiert bisherige Richtlinie

Auf Druck des Ressorts von Bauer wird die Richtlinie, auf der die Zahlungen basierten, nicht mehr angewandt. Man habe das Präsidium der Hochschule aufgefordert, eine neue, rechtskonforme Richtlinie zu erarbeiten; ein erster Entwurf dafür werde nach Rücksprachen mit dem Ministerium derzeit in Konstanz nochmals überarbeitet. Beide Seiten betonten, der Vergaberahmen sei nicht überschritten worden; demnach ginge es wie in Ludwigsburg um die Frage, wie das zur Verfügung stehende Geld verteilt wurde. Das Ministerium hat der Hochschule geraten, zur Aufarbeitung „externen Sachverstand hinzuzuziehen“. Dafür habe man auch eine geeignete Persönlichkeit empfohlen. Deren Name wurde nicht genannt.

Von den möglichen Unregelmäßigkeiten erfuhr das Wissenschaftsministerium, als es zu Jahresbeginn mit „speziellen Problemkonstellationen innerhalb des Präsidiums“ befasst wurde. Damit sind offenbar Turbulenzen um die erst seit April 2016 amtierende Kanzlerin Andrea Veith gemeint, die die fragwürdige Zulagenpraxis aufgedeckt haben soll. Die promovierte Juristin, zuvor Personalchefin an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, war unter 48 Bewerbern ausgewählt und als „exzellente Besetzung“ gelobt worden. Inzwischen fänden „Diskussionen über die Amtsführung der Kanzlerin statt“, bestätigte die Hochschule. Seit Juli 2016 gebe es dazu „zahlreiche Gespräche und moderierte Veranstaltungen“ unter Beteiligung Veiths. Näheres könne man aus Gründen der Vertraulichkeit nicht sagen, über die weitere Verfahrensweise entschieden die Gremien nicht öffentlich.

Verfahren zur Abwahl der Kanzlerin gestoppt

Nach StZ-Informationen sollte ein Verfahren zur Abwahl der Kanzlerin in Gang gebracht werden; angesichts der Finanzaffäre wurde dies aber zunächst gestoppt. Ein Hochschulsprecher sagte, es bestehe „kein kausaler Zusammenhang“ zwischen der Diskussion um die Kanzlerin und dem Wirbel um die Zulagen; Erstere habe bereits ein Dreivierteljahr früher eingesetzt. Leistungszulagen würden durch Beschlüsse des Präsidiums gewährt, erläuterte er allgemein, die Kanzlerin sei für die Auszahlung zuständig. Veith ist seit einiger Zeit nicht im Dienst und war nicht erreichbar.

Als Schlüsselfigur in der Affäre gilt der Hochschulpräsident Manz, der seit Frühjahr 2014 amtiert. Der seit 1999 in Kon-stanz tätige Professor und Maschinenbau-Ingenieur hatte sich in einer Kampfabstimmung gegen den vorherigen Präsidenten durchgesetzt. Er versprach damals, das Profil der HTWG zu schärfen und sie als Marke erkennbar zu machen. In der anonymen Strafanzeige wird Manz vorgeworfen, die Gelder „nach Gutsherrenart“ verteilt zu haben; womöglich gehe es ihm auch darum, seine Wiederwahl abzusichern.

Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht

Zulagen seien von ihm ohne Antrag und den erforderlichen Leistungsnachweis gewährt worden. Zudem habe er Zahlungen veranlasst, für die es keine gesetzliche Grundlage gebe. Angesichts der laufenden Vorermittlungen gibt die Staatsanwaltschaft derzeit keine weiteren Auskünfte; dabei wird geprüft, ob ein Anfangsverdacht auf eine Straftat vorliegt. Der Hochschulsprecher sagte, man sehe unabhängig von der Bewertung der Rechtmäßigkeit „keine Voraussetzungen für Straftatbestände erfüllt“; derzeit warte man auf eine abschließende Rückmeldung des Ministeriums auf die übersandte Stellungnahme. Das Ministerium sagte zur Frage nach der möglichen Strafbarkeit nur, nach Abschluss der Untersuchungen werde über „weitere Maßnahmen“ zu entscheiden sein.