Minister dürfen nicht gleichzeitig Aufsichtsräte sein: gegen diese Regel hat Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) acht Tage lang verstoßen. Aufgedeckt wurde das jetzt von der Landtags-FDP. Inzwischen ist die Sache bereinigt – fast.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Satz im Kurzporträt von Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) liest sich schlüssig. Studium, Promotion, berufliche Stationen in London und Frankfurt – kompakt wird auf der Internetseite des Wirtschaftsministeriums die Vita der neuen Hausherrin referiert. Seit 1998 sei diese zudem Gesellschafterin bei Bizerba, dem Balinger Waagenhersteller, der sich in fünfter Generation im Familienbesitz befindet. Dann kommt es: „Dort war sie von 2014 bis zu ihrem Amtsantritt als Ministerin im Mai 2016 Mitglied des Aufsichtsrats.“

 

Pünktlich mit dem Einzug ins Kabinett den Kontrollposten aufzugeben – das entspräche dem baden-württembergischen Ministergesetz. Kein Mitglied der Landesregierung darf danach „der Leitung oder dem Aufsichtsorgan eines auf wirtschaftliche Betätigung gerichteten Unternehmens angehören“. Ausnahmen kann der Landtag zulassen – und tut es regelmäßig, etwa für Mandate in landeseigenen Firmen.

FDP-Abgeordneter deckt Versäumnis auf

Als Ministerin vereidigt wurde die neu gewählte Landtagsabgeordnete Hoffmeister-Kraut (44) am 12. Mai - eine politische Blitzkarriere, die sie dem CDU-Landeschef Thomas Strobl verdankt. „Wie eine Rakete“ werde sie in Stuttgart abgehen, hatte der schon im Wahlkampf prophezeit. Doch dem Aufsichtsrat von Bizerba gehörte sie zu diesem Zeitpunkt immer noch an. Erst mit Schreiben vom 18. Mai legte sie das Mandat nieder, mit dessen Eingang am 20. Mai wurde der Rückzug wirksam. Acht Tage lang war die CDU-Frau also Ministerin und Aufsichtsrätin gleichzeitig - entgegen den Regeln des Gesetzes.

Zu Tage gefördert wurde der Verstoß jetzt durch die Landtags-FDP. Per Antrag hatte sich der Wirtschaftsexperte der Fraktion, Erik Schweickert, bei der Regierung nach der „Einhaltung der Unvereinbarkeitsvorschriften“ erkundigt. Der Staatsminister Klaus-Peter Murawski (Grüne) lieferte die gewünschten Angaben – darunter auch drei Zeilen zu Hoffmeister-Kraut. Diese hatte demnach „bei Amtsantritt ein Aufsichtsratsmandat inne“, das sie erst besagte acht Tage darauf niederlegte.

Ministerin wollte sich erst mit Familie besprechen

Die Folgen eines verspäteten Rückzuges, erläuterte Murawski allgemein, seien „in der Rechtsprechung nicht geklärt“. Fehle die geforderte Ausnahmegenehmigung, führe dies nach der Rechtsliteratur nicht zu einem „automatischen Erlöschen … des Aufsichtsratsmandats“; auch der Übernahme des Regierungsamtes stehe es nicht entgegen. Vielmehr sei das Kabinettsmitglied verpflichtet, „die Lage zu bereinigen und einen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen“ – zum Beispiel durch Ausscheiden aus dem Kontrollorgan.

Allzu streng will der FDP-Mann Schweickert nicht über den Fauxpas richten. Hoffmeister-Kraut scheine „von ihrer eigenen Ernennung zur Wirtschaftsministerin des Landes noch mehr überrascht worden zu sein als die CDU-Landtagsfraktion“, folgert er. Wohl deshalb habe sie fast eine Woche gebraucht, „bevor sie realisiert hat, dass sie nicht mehr dem familieneigenen Aufsichtsrat angehören darf“. Alles ging ein bisschen schnell für den Kabinettsneuling – so klingt auch ihre eigene Erklärung. Wie es zu der Überlappung kommen konnte? Sie habe, lässt Hoffmeister-Kraut ausrichten, vor der Mandatsabgabe „insbesondere den Aufsichtsratsvorsitzenden persönlich informieren und mit ihrer Familie die weiteren Schritte besprechen“ wollen. Nun müsste sie nur noch die Ministeriums-Homepage korrigieren: Statt „bis zu ihrem Amtsantritt“ müsste es dort genau genommen heißen, sie sei „bis kurz nach ihrem Amtsantritt“ Bizerba-Aufseherin gewesen.