Der kubanische Botschafter besucht Stuttgart, um über Chancen für e Kooperationen zu sprechen. In Bereichen wie Umwelttechnik, Energieeffizienz, Telekommunikation und Transportwesen, die Treiber der Entwicklung auf Kuba sind, ist schwäbische Technologie gefragt.

Stuttgart/Havanna - Che Guevara, Zigarren, alte US-Straßenkreuzer und Rum im Buena Vista Social Club: Wer an Kuba denkt, der landet rasch im Reich der Klischees. In vielen Köpfen ist das Land so etwas wie eine DDR unter Palmen. Wie kurz das greift, zeigte das von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) veranstaltete Gespräch mit dem kubanischen Botschafter in Berlin, René Juan Mujica Cantelar, das am Donnerstag unter dem Motto „Kuba – aktuelle Entwicklungen und die deutsch-kubanischen Beziehungen“ in der Deutschen Bank an der Theodor-Heuss-Straße stattfand.

 

Zwei Themen standen im Fokus der Veranstaltung: Der kulturelle Austausch und die Zukunft der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. 2015 beliefen sich die deutschen Exporte nach Kuba auf 258 Millionen Euro. Das bedeutet einen deutlichen Anstieg um 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 20 Prozent dieses Gesamtvolumens liefern Unternehmen aus Baden-Württemberg.

Schwäbische Technologie ist auf Kuba gefragt

In Bereichen wie Umwelttechnik, Energieeffizienz, aber auch Telekommunikation und Transportwesen, die Treiber der Entwicklung auf Kuba sind, ist schwäbische Technologie gefragt. „Wir hoffen, dass wir die gute Zusammenarbeit fortsetzen können“, zeigte sich Bernd Reuter, Leiter des Referats Außenwirtschaft im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, zuversichtlich. „Die Öffnung Kubas, die wir derzeit beobachten, ist eine große Chance.“ Allerdings wünschten sich viele Unternehmer einen Abbau bürokratischer Hürden und eine schnellere Abwicklung von Verfahren. Noch ließen die zu erwartenden Hindernisse manchen Investor zögern.

Botschafter Cantelar räumte zwar Probleme mit der kubanischen Bürokratie ein, appellierte aber auch an die potenziellen Geschäftspartner, einen längeren Atem zu zeigen. Vieles müsse sich erst einspielen. Konkret sicherte er mehr Rechtssicherheit zu. Allerdings betonte der Botschafter, seine Heimat folge einem eigenen Weg: „Die Bedingungen auf Kuba werden nie die Gleichen sein wie in Mexiko oder Brasilien“, gab er zu verstehen. „Trotz der Öffnung werden grundlegende Unterschiede bleiben, etwa hinsichtlich des politischen Systems. Unser Ziel ist eine blühende und nachhaltige sozialistische Gesellschaft.“

Ex-OB Schuster setzt auf allmählichen Wandel

Vielleicht sind schrittweise Reformen ja auch gesünder als ein plötzlicher Systemwandel. Der frühere Stuttgarter OB Wolfgang Schuster, DGAP-Landesvorsitzender, verwies dabei auf das Wegbrechen des Eisernen Vorhangs, das große soziale und ökonomische Verwerfungen nach sich gezogen habe. Es sei wichtig, dass Kuba die richtigen Schlüsse aus der Geschichte ziehe. Als vorbildlich hob er das Bildungs- und Gesundheitssystem des Inselstaats hervor.

Vieles spricht dafür, dass sich die Bedingungen für ausländische Unternehmen weiter verbessern werden, bis die für 2017 geplante Reise einer Delegation der Wirtschaftsfördergemeinschaft Baden-Württemberg International nach Kuba stattfindet. Apropos reisen: 180 000 Deutsche machten sich im vorigen Jahr als Touristen in die Karibik auf. Damit stellen sie nach den Kanadiern die zweitgrößte Gruppe ausländischer Besucher auf Kuba.

Ronald Grätz, Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen in Stuttgart, geht davon aus, dass sich unter den Gästen künftig auch zunehmend Kulturschaffende finden werden. Nicht als Vorreiter der Wirtschaft, sondern unabhängig davon oder im Zeichen eigener Geschäfte: „Ich denke da an das Feld der ,Creative Industries‘“, so Grätz. „Architektur, Film, Mode: Wir haben eine Menge zu bieten und ich bin mir sicher, dass man die deutsche Kultur auf Kuba – trotz Öffnung gegenüber den USA – weiterhin wahrnehmen wird.“