Auch wenn sich viele nur gelegentlich für Forschung interessieren: Die Wissenschaft sollte einen größeren Einfluss auf die Politik haben, fordern Bürger in einer repräsentativen Umfrage. Aber bei manchen Themen haben sie Fragen und Einwände.

Stuttgart - Wissenschaft interessiert viele Bundesbürger, egal ob Natur- oder Geisteswissenschaft: In der Umfrage „Wissenschaftsbarometer 2015“ gab mehr als ein Drittel der Befragten an, ein sehr großes oder eher großes Interesse an wissenschaftlichen Themen zu haben. Als Maß für das Interesse diente bei der Studie auch die Frage nach dem Besuch eines Zoos oder Aquariums: 44 Prozent waren im vergangenen Jahr einmal oder häufiger dort. Etwas weniger Menschen – nämlich 38 Prozent – suchten dagegen mindestens einmal ein Wissenschafts- oder Technikmuseum auf. Und zwanzig Prozent befriedigten ihre Neugier, indem sie einer Langen Nacht der Wissenschaft, einem Tag der offenen Tür oder einem Vortragswettbewerb, einem sogenannten Science Slam, beiwohnten.

 

Die am häufigsten genannten Informationsquellen sind übrigens Fernsehsendungen sowie Artikel in Zeitungen und Magazinen. Von denjenigen, die sich im Internet für Wissenschaft interessiert, nutzen rund 80 Prozent Mediatheken von Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften, während Youtube, Blogs und soziale Medien weit weniger als die Hälfte interessieren.

Auf der anderen Seite bedeutet dies allerdings, dass sich rund zwei Drittel der Befragten nur begrenzt dafür interessiert, was Forscher so alles herausfinden – und wie dies ihr Leben beeinflusst. Immerhin: beinahe alle, die in dieser repräsentativen Umfrage um ihre Meinung gebeten wurden, halten die Finanzierung von Forschung für wichtig. Dabei sind 52 Prozent der Meinung, dass die Ausgaben für Forschung wenn möglich auch dann nicht gekürzt werden sollen, wenn die Staatsausgaben reduziert werden müssen, um weitere Schulden zu vermeiden. Weitere 42 Prozent plädieren in einem solchen Fall für eine mit anderen Bereichen vergleichbare Kürzung. Und gerade einmal vier Prozent wollen eine überproportional starke Kürzung.

Bei der Grünen Gentechnik ist die Skepsis groß

Die Forschung wird mithin von den Bürgern als wichtig erachtet. Aber wo soll besonders intensiv geforscht werden? Hier steht bei fast der Hälfte der Befragten der Themenkomplex Gesundheit und Ernährung an oberster Stelle, gefolgt von den Themen Klima und Energie, innere Sicherheit, Kommunikation und Digitalisierung sowie Mobilität. Gerade auf solchen Gebieten bietet sich oft eine Kooperation zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen an – worin beeindruckende 78 Prozent der Befragten eher Vorteile als Nachteile sehen. Nur 14 Prozent sehen überwiegend Nachteile in einer solchen Zusammenarbeit, finden das also nicht gut, etwa weil sie mögliche Abhängigkeiten befürchten.

Das generelle Vertrauen eines großen Teils der Bevölkerung in die Wissenschaft schmälern solche Kooperation mithin offenbar nicht. Dieses hängt allerdings stark vom jeweiligen Themengebiet ab. Bei der Grünen Gentechnik etwa ist die Skepsis der Menschen groß: Mehr als die Hälfte der Befragte misstraut hier den Aussagen der Wissenschaftlern mehr oder weniger stark. Immerhin ist die Zahl derer, die auf diesem Gebiet den Forschern vertrauen, seit dem vergangenen Jahr ein bisschen gewachsen: von 16 auf 18 Prozent.

Bei den Aussagen zu Erneuerbaren Energien sind die Skeptiker dagegen mit nur 19 Prozent weit in der Minderheit – hier liegt das Vertrauen bei 52 Prozent. Interessant ist, dass bei Fragen zum Klimawandel zwar 36 Prozent den Aussagen der Forscher glauben, aber immerhin 37 Prozent sich nicht entscheiden können, ob sie den Wissenschaftlern vertrauen – ähnlich wie bei Fragen zur Entstehung des Universums, wo der Anteil der Unentschiedenen bei 36 Prozent liegt.

„Wissenschaft muss weiter auf die Bürger zugehen“

Deutlich wird auch die Skepsis vieler Bürger gegenüber neuen Technologien. Immerhin sind 31 Prozent der Meinung, dass die Entwicklung einer neuen Technologie unabhängig vom möglichen Nutzen gestoppt werden sollte, wenn sie unbekannte Risiken birgt. Allerdings sprechen sich noch etwas mehr Menschen – nämlich 38 Prozent – für eine Fortführung der Entwicklung aus. In einer Stellungnahme zu den Ergebnissen der Umfrage wertet Markus Weißkopf, der Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“, dieses Ergebnis als eine Aufforderung, dass „die Wissenschaft weiter auf Bürgerinnen und Bürger zugehen muss“. Risiken wie auch Chancen müssten in Zukunft noch intensiver diskutiert werden. Nicht umsonst seien 42 Prozent der Meinung, die Öffentlichkeit werde nicht genügend in Entscheidungen über Wissenschaft und Forschung einbezogen. Immerhin 34 Prozent wollen in solche Entscheidungen einbezogen werden.

Bleibt noch die Frage zur politischen Bedeutung der Wissenschaft. Hier zeigte sich, dass 54 Prozent den Einfluss der Forscher auf das Handeln der Politiker für zu gering erachten. Dies ist als eine deutliche Aufforderung an die Wissenschaft zu werten, sich hier künftig stärker einzubringen.