Zu den Entlassenen und Verhafteten in der Türkei gehören auch Wissenschaftler. Die Philipp-Schwartz-Initiative unterstützt Forscher mit Stipendien an deutschen Universitäten.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Bonn - Niemand kann momentan genau sagen, wie viele Wissenschaftler in der Türkei im Nachgang des Putsches vom 15. Juli ihre Anstellung verloren haben oder gar verhaftet wurden. „Darüber gibt es keine Statistik“, hört man immer wieder. Allerdings möchte niemand namentlich zitiert werden, weil jede öffentliche Äußerung möglicherweise den türkischen Kollegen schaden könnte.

 

Tatsache ist: Die deutsche Wissenschaftsgemeinde blickt seit Langem mit Sorge in die Türkei. Kurz nach dem gescheiterten Putschversuch und dessen Niederschlagung meldete sich die Hochschulrektorenkonferenz unmissverständlich zu Wort. Mit Entsetzen schaue man auf die aktuelle Entwicklung an den türkischen Hochschulen, sagte Horst Hippler, der Vorsitzende des Zusammenschlusses von 268 deutschen Hochschulen und Universitäten. Man ist in Sorge um die Forschungsfreiheit. „Die tiefen, offenbar skrupellosen Einschnitte in die akademischen Freiheiten durch die türkische Regierung machen uns alle fassungslos.“

Entlassungen und Verhaftung von Dekanen

Zudem ist in der sehr deutlichen Protestnote die Rede von der systematischen Einschüchterung und von der Vernichtung des freien Geistes, die sich aus Sicht der Rektorenkonferenz in der Entlassung von mehr als 1500 Dekanen, Suspendierungen, Ausreiseverboten für Wissenschaftler und dem Rückruf von im Ausland tätigen Forschern, dem Generalverdacht gegen Hochschulangehörige und Verhaftungen manifestiere. Die Protestnote, so ist zu hören, soll dieser Tage durch eine neuere Erklärung noch einmal bekräftigt werden.

Den Worten gehen bereits seit einiger Zeit Taten voran. Seit Ende letzten Jahres gibt es die Philipp-Schwartz-Initiative. Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung hat sie mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes initiiert. Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung mit Sitz in Bonn hat ebenfalls das Sekretariat der Deutschen Sektion des Netzwerkes „Scholars at Risk“ übernommen. 20 Hochschul- und Forschungseinrichtungen – von der Universität Bayreuth über die Ruhruniversität Bochum bis zur Eberhard-Karls-Universität Tübingen – beraten in dem Netzwerk, wie man Forscher am besten schützen kann, wenn sie in ihrer Heimat verfolgt werden und ihre Forschungsfreiheit eingeschränkt wird. Weltweit hat das „Scholars at Risk Network“ mit seinen 400 Hochschulen bisher 340 Forschern Schutz geboten. Erklärtes Ziel ist zudem, den Blick auf die eingeschränkten Forschungsmöglichkeiten in den Herkunftsländern der Schutzsuchenden zu lenken.