Die Stadt auf den Fildern und Esslingen zählen laut einer Untersuchung zu den Top Ten der deutschen Kommunen mit den höchsten Preissprüngen bei den Neuverträgen für Mietwohnungen.

Ostfildern/Esslingen - Auf diesen Spitzenplatz würde der Ostfilderner Oberbürgermeister Christof Bolay eigenem Bekunden nach gerne verzichten. Bei den Kommunen bis 50 000 Einwohnern rangiert seine Stadt bei der Mietpreissteigerung deutschlandweit auf Platz zwei. Dies geht aus einer Untersuchung des Hamburger Forschungs- und Beratungsunternehmens F + B hervor. Nach diesem Wohn-Index, in den bundesweite Daten des Wohnungs- und Immobilienmarkts einfließen, stiegen bei Neuverträgen die Mieten in der südöstlich von Stuttgart liegenden 38 000-Einwohner-Stadt im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahresquartal um satte 5,7 Prozent. Nur noch Lörrach an der Grenze zur Schweiz liegt mit einem durchschnittlichen Mietpreisanstieg von 8,5 Prozent davor. Mit Sindelfingen (Kreis Böblingen, plus 4,1 Prozent) und Esslingen (plus vier Prozent) liegen zwei weitere Städte in der Region Stuttgart mit den Plätzen sechs und sieben in den Top Ten.

 

„Bemerkenswert, aber nicht verwunderlich“

Die Dimension der Preissteigerung im Vergleich zum Vorjahr sei „bemerkenswert, aber nicht verwunderlich“, sagt der Ostfilderner Oberbürgermeister Christof Bolay. Schließlich bewirke eine hohe Nachfrage bei geringem Angebot eben steigende Preise. Zudem habe wohl der gehobene Standard neuer Wohnungen im Stadtteil Scharnhauser Park die starke Mietpreissteigerung mitverursacht. Alarmierend sei die Zahl aber allemal, denn sie zeige einmal mehr den Handlungsbedarf bei der Schaffung bezahlbarer Mietwohnungen. Dabei nehme er die eigene Kommune nicht aus. Doch die Städte seien im Speckgürtel Stuttgarts gleichwohl die Leidtragenden einer trägen Wohnbaupolitik der Landeshauptstadt. Es wäre an der Zeit, dass sein Kollege Fritz Kuhn „seinen Worten auch Taten folgen lässt“, kritisiert Bolay den Stuttgarter Rathauschef. Denn der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Metropole löse einen Verdrängungseffekt auf die Region aus. Das ist auch an den vergleichsweise hohen durchschnittlichen Quadratmeterpreisen für Mietwohnungen in den Städten Filderstadt (13,70 Euro) und Leinfelden-Echterdingen (15,30 Euro) zu erkennen.

Es sei zwar positiv, ein gefragter Standort für erfolgreiche Firmen und damit auch ein attraktiver Wohnort für Gutverdiener zu sein, erklärt der Rathauschef. Aber „die Kehrseite“ sei, dass es für Menschen mit geringeren und durchschnittlichen Einkommen immer schwieriger werde, Mietwohnungen zu ergattern.

Beim Ziel, Wohnraum auch für diese Menschen zu schaffen, „sind wir alle gefordert“, sagt Bolay. Denn er weiß, dass es auch in seiner Stadt nicht ausreicht, auf dem ehemaligen Schillerschulareal in Ruit, im Scharnhausener Gebiet Ob der Halde und – wie erst jüngst vom Gemeinderat befürwortet – am westlichen Rand von Nellingen Projekte zur Wohnbebauung umzusetzen. Allzu viele Möglichkeiten, neue Gebiete zu erschließen, gebe es nicht mehr, „es wird eng“. Zumal auch Vorgaben wie etwa der Landschaftsschutz berücksichtigt werden müssten. Nach wie vor müsse konsequent auf die Innenverdichtung gesetzt werden, ist Bolay überzeugt. Aber der Druck des Handelns mache die Debatte nicht einfacher, denn man müsse sich die Frage stellen: „Was ist wichtiger? Ein Stockwerk mehr oder eine gefälligere Gestaltung?“ Letztlich müsse man in Kauf nehmen, dass dort, „wo Omas kleines Häuschen gestanden ist, künftig ein Vier- bis Sechsfamilienhaus entsteht“.

Mietpreise kennen nur eine Richtung – nach oben

Dass das Angebot an Mietwohnungen auch in Esslingen nicht ausreicht, liegt für Roland Karpentier, den Sprecher der Stadt, auf der Hand. Die Wirtschaft boome, alle Kommunen wachsen, was es für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen schwer mache, auf dem Wohnungsmarkt zum Zug zu kommen. Für Menschen mit einem sogenannten Wohnberechtigungsschein – das seien in Esslingen mehr als 500 Familien – „ist es zurzeit nahezu unmöglich eine Wohnung zu finden“, sagt Karpentier. Aber auch Durchschnittsverdiener hätten es bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum schwer. Das Angebot sei knapp, die Preise kennen nur eine Richtung: „nach oben“.

Für neue Wohnungen Flächen zu finden, diese zu planen und zu bauen, „dauert viel zu lange“, sagt Karpentier mit Blick auf diverse Vorgaben, die zu erfüllen sind. Wenn es dann soweit ist, sei es den Bauträgern aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, Mieten unter zehn Euro pro Quadratmeter anzubieten. Die Stadt Esslingen habe deshalb klare Forderungen an Investoren, so zu bauen, dass später Wohnungen für Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen zur Verfügung stehen.