Kaffee-Nachmittage, Spielangebote und der Sonntagsbrunch: Das von Ehrenamtlichen getragene Wohncafé an der Mittenfeldstraße ist ein Beitrag zu integrativem Wohnen. Das Giebeler Angebot gilt als vorbildlich.

Giebel - Vorneweg ist das Wohncafé im Neubau des Bau- und Heimstättenvereins Stuttgart eG ein Treffpunkt: Für die Mieter im Haus, aber auch für Anwohner, denn das Wohncafé ist öffentlich zugänglich. Darüber hinaus steht dahinter aber auch ein weitergreifendes Konzept, das helfen soll, älteren Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben im gewohnten Umfeld zu ermöglichen. Gleichzeitig bietet das Wohncafé Anregungen gegen drohende Alterseinsamkeit.

 

Wohncafés sind ein noch relativ junger Ansatz, von dem im Jahre 2008 gegründeten Stuttgarter „Verein Integratives Wohnen“ ins Werk gesetzt. Der Verein selbst ist Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband – und wird getragen von Wohnungsunternehmen: aktuell von 13 Genossenschaften, dem fast 150 Jahre alten, stiftungsähnlichen „Bau- und Wohnungsverein Stuttgart“ sowie zwei GmbHs. Für diesen Verbund wiederum bildet der Verein Integratives Wohnen „das Dach“, unter dem Wohncafés realisiert werden. Aktuell sind es in Stuttgart 14 an der Zahl, 16 insgesamt mit jenen in Esslingen und Kirchheim/Teck. „Und drei weitere sind in der Pipeline“, sagte Dagmar Lust bei einer Rundfahrt für Vorstände der beteiligten Wohnungsunternehmen, die auch zum Wohncafé in Giebel führte.

Erste Voraussetzung für die Einrichtung eines Wohncafés ist die völlige Barrierefreiheit. Hinzu kommt ein im Haus verortetes Pflegeangebot, das in Giebel derzeit noch vom Deutschen Roten Kreuz, ab kommendem Jahr von der Else-Heydlauf-Stiftung bedient wird: mit einem Service-Raum direkt neben dem Wohncafé. Keine zufällige, sondern beabsichtigte Nachbarschaft, betont Dagmar Lust vom Verein Integrative Wohnformen: „Jedes Wohncafé hat einen sozialen Kooperationspartner, der die Versorgungssicherheit für Menschen mit Assistenzbedarf sicherstellt. Die Anwesenheit von Fachpersonal und die ganz selbstverständliche räumliche Nähe schaffen Vertrautheit und reduzieren die Scheu, eintretende Hilfsbedürftigkeit anzumelden. Zudem kennen die Betreuer ihre Bewohner und werden so eher auf Hilfebedarf aufmerksam.“

Vorbildlich, wie das Giebeler Wohncafé mit Leben gefüllt wird

Als vorbildlich gilt in Giebel, wie das im Februar 2011 eröffnete Wohncafé mit Leben gefüllt wird: von Gisela Barth und Sybille Zäbisch, die den Treffpunkt ehrenamtlich managen. „Gesucht und gefunden“, bringt Sybille Zäbisch ihre Motivation auf den Punkt: „Als ich in den Ruhestand gehen konnte, habe ich geschaut, was ich Sinnvolles tun könnte. Hier bin ich richtig.“ Gesucht und gefunden passt auch als Motto für Gisela Barth: „Nach dem Tod meines Mannes war mir langweilig“, sagt sie und ergänzt: „Ich habe beim Einkaufen kaum jemanden gekannt, jetzt kenne ich halb Giebel“. Ihre Motivation fasst sie so zusammen, wobei sie Wert auf die Reihenfolge legt: „Ich bekomme etwas, und ich gebe etwas zurück.“

Zusammen organisiert und gestaltet das Duo das Programm: Etwa dreimal die Woche Kaffee-Nachmittage, jeden ersten und dritten Samstag im Monat gemeinsames Mittagessen samt anschließendem Spielenachmittag. „Und unser Sonntagsbrunch ist der Brüller“, berichtet Gisela Barth: „Man spürt, wie dankbar die Besucher dafür sind, dass sie hier einen Platz haben, wo sie sich treffen und unterhalten können.“ Neben fröhlichen Geburtstagsfeiern habe man auch schon „bewegende Trauerfeiern“ erlebt. Angedacht sind übrigens gemeinsame Aktionen mit Flüchtlingen, in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingskreis Weilimdorf: „Damit unsere Leute auch mal was Anderes erleben“, sagt Gisela Barth in ihrer ansteckenden Fröhlichkeit.

Sehr angetan ist Hagen Schröter vom Vorstand des Vereins: „Angesichts des demographischen Wandels müssen wir die Quartiersarbeit stärken. Die Eigentümer stellen den Raum zur Verfügung, der Verein sorgt für die Rahmenbedingungen. Hier sieht man, dass das Wohncafé gut angenommen wird. Das ist ein guter Ansatz. Für viele ist das Wohncafé wie ein erweitertes Wohnzimmer.“