Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft erhöht bald die Mieten für ihre Wohnungen um sechs Prozent. Dies beschäftigt freilich die Mieter, aber auch die Sillenbucher Lokalpolitiker. Dort besitzt die SWSG rund 750 Wohnungen.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Sillenbuch - Für eine Warmmiete von 1190 D-Mark zog eine Mutter von vier Kindern im Jahr 2001 in eine Wohnung der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG) am Azuritweg in Heumaden. Auf ihrem neuesten Bescheid steht, sie solle vom kommenden Monat an eine Miete von insgesamt 1135 Euro zahlen. „Das ist fast der gleiche Betrag in Euro“, sagt die Frau, die anonym bleiben will. Zurzeit arbeitet sie 20 Stunden in der Woche in der Gastronomie, zwei ihrer Kinder leben bei ihr, die beiden Großen sind bereits ausgezogen. Mit dem Geld, das sie verdient, kommt sie kaum aus. „Ich hoffe, die 20 Stunden aufstocken zu können“, sagt sie. Bisher sei das nicht möglich gewesen.

 

Ohne den Staat würde es nicht gehen

Die Wohnung, die sie als preisgebundene Wohnung, also als sogenannte Sozialwohnung, bezogen hat, ist nun seit einigen Jahren frei finanziert. Ohne Unterstützung vom Staat könnte sich die geschiedene Frau die Wohnung nicht leisten. „Die Lebenshaltungskosten steigen mehr als die Löhne, es wird immer schwieriger“, sagt sie.

Vor ein paar Tagen hat die SWSG beschlossen, die Grundmieten zum 1. Juli 2016 zu erhöhen. Es ist die erste Erhöhung nach drei Jahren. Sowohl bei den öffentlich geförderten Wohnungen, den Sozialwohnungen, als auch bei den nicht preisgebundenen Wohnungen wird die Erhöhung bis zu sechs Prozent betragen.

Diese Mieterhöhung stellt einige Bewohner vor Probleme. Die Mieterin aus Heumaden spielt mit dem Gedanken, sich eine andere Wohnung zu suchen. Doch das sei nicht einfach. Sie möchte bei Baugenossenschaften anfragen, denn mit der SWSG, sagt sie, sei sie grundsätzlich unzufrieden: „Die Leistung und die Kosten stehen in keinem Verhältnis.“

750 SWSG-Wohnungen in Sillenbuch

Besonders hoch seien bei ihr die Wohnnebenkosten. Im vergangenen Jahr sollte sie 1913 Euro für Kaltwasser zahlen, 913 Euro für Warmwasser und 786 Euro für Heizkosten, zusammen sind das 3612 Euro. „So viel können drei Personen doch gar nicht verbrauchen“, sagt die Frau. Sie vermutet, dass die Zähler nicht richtig funktionieren. In einem Fall sei aus der Dusche nur kaltes Wasser gekommen, der Warmwasserzähler lief dennoch. Sie habe mehrfach versucht, bei der SWSG anzurufen, sei allerdings meist vertröstet worden. „Manchmal wartet man zehn Minuten in der Hotline, manchmal wird man gar nicht durchgestellt. Es heißt dann nur, sie geben das Anliegen weiter, aber es meldet sich niemand“, sagt die Mieterin. Die SWSG verweise auf den externen Dienstleister, der die Zähler abliest, der Dienstleister wiederum verweise auf die SWSG.

Zu dem konkreten Fall könne man wenig sagen, da man nicht wisse, um wen es sich handele, sagte der SWSG-Pressesprecher Peter Schwab auf Anfrage unserer Zeitung. Selbstverständlich gehe man von der Funktionsfähigkeit der Verbrauchsmessgeräte aus, gerade Wasseruhren würden ja auch regelmäßig geeicht. Man empfehle eine kostenlose Energiesparberatung, welche die SWSG zusammen mit dem Caritasverband anbietet.

Rund 750 Wohnungen, davon 430 preisgebundene, besitzt die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft nach eigenen Angaben in Sillenbuch, die meisten befinden sich in Heumaden und Riedenberg. Mindestens 1500 Menschen leben laut dem SÖS-Linke-Plus-Sprecher Manfred Riesle in diesen Wohnungen. Er brachte das Thema Mietpreiserhöhung bei der Sitzung des Sillenbucher Bezirksbeirats im November zur Sprache. Seine Fraktion hatte einen Antrag gestellt, in dem die Aufsichtsräte der SWSG aufgefordert wurden, der für 2016 geplanten Mietpreiserhöhung nicht zuzustimmen. In den vergangenen zehn Jahren sind die Mieten laut Riesle bei der SWSG um 30 Prozent gestiegen, was die Wohnungsbaugesellschaft bestätigt.

Uneinigkeit im Bezirksbeirat

Manfred Riesle sagte, Geringverdiener hätten immer größere Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden: „Es ist die Aufgabe der Stadt und damit auch der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.“ Aufgabe des Bezirksbeirats sei es, auf den Mietpreis einzuwirken. Die Bezirksbeiräte lehnten den Antrag der Fraktion SÖS-Linke-Plus mehrheitlich ab. „Die Mietpreiserhöhung ist ein generelles Problem. Wenn wir nur über eine Bremse bei der SWSG sprechen, fördern wir eine Ungleichheit“, sagte Philipp Kordowich (CDU).

Ulrich Storz (SPD) informierte den Bezirksbeirat, dass die Antragsteller ihr Anliegen bereits dem Wirtschaftsausschuss vorgelegt haben und dieser den Antrag abgelehnt habe. „Die SPD hat einen eigenen Antrag im Wirtschaftsausschuss formuliert, in dem wir die SWSG bitten, ihre Miete nur nicht um über fünf Prozent zu erhöhen“, sagte Storz.

Christian Brokate (FDP) argumentierte: „Die SWSG muss kostendeckend wirtschaften durch ihre Mieteinnahmen. Ein Mietpreisstopp ist daher weder zustimmungsfähig noch wünschenswert.“

Die SWSG in Kürze:

Sozialer Wohnungsbau
: Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG) ist ein Unternehmen der Stadt Stuttgart. Sie vermietet rund 18 000 Wohnungen in der Stadt, darunter auch Sozialwohnungen. Knapp die Hälfte aller öffentlich geförderten Wohnungen in Stuttgart sind Eigentum der SWSG.

Mietpreis
: Die SWSG liegt mit ihren Mieten 20 Prozent unter den Durchschnittswerten des Mietspiegels in Stuttgart, wenn man die Sozialwohnungen einrechnet. Bei einem städtischen Durchschnitt von 8,44 Euro pro Quadratmeter haben die SWSG-Mieter im Jahr 2014 im Schnitt 6,84 Euro pro Quadratmeter gezahlt. Der Durchschnitt der SWSG-Mieten berechnet sich aus geförderten ebenso wie aus nicht preisgebundenen Wohnungen.

Mieterhöhung
: Die Erhöhung um maximal sechs Prozent im Juli 2016 ist die erste nach drei Jahren, gesetzlich zulässig sind bei frei finanzierten Wohnungen Erhöhungen um bis zu 20 Prozent in drei Jahren.

Pläne
Weil der Bedarf an gefördertem Wohnraum steigt, plant die SWSG in den kommenden Jahren jeweils den Bau von 150 neuen Sozialwohnungen in Stuttgart.