Seit 15 Jahren werden in der Wohngruppe Jella an der Vandalenstraße Mädchen mit Suchtproblemen therapeutisch und pädagogisch betreut. Mittlerweile ist das Gebäude in die Jahre gekommen, außerdem reicht der Platz nicht mehr aus.

Zuffenhausen - Seit Juli 2001 nutzt die Wohngruppe Jella ein Haus an der Vandalenstraße, um dort Mädchen mit Suchtproblemen therapeutisch und pädagogisch zu betreuen. Mehr als 100 junge Frauen haben in den vergangenen 15 Jahren dort gewohnt. Nach wie vor ist die Einrichtung bundesweit die einzige, die auf dieses Betreuungskonzept setzt.

 

„Ayse werde ich nie vergessen“, sagt Heidrun Neuwirth, die Jella seit Anfang an leitet. Ayse, das war das erste Mädchen, das im Sommer 2001 ins Haus gezogen ist. Am Beispiel der 16-Jährigen ist Neuwirth und ihrem Team gleich zu Beginn vor Augen geführt worden, dass die Zielgruppe, für die Jella eigentlich gedacht sein sollte, deutlich erweitert werden muss. War ursprünglich angedacht, die Drogenprobleme der Bewohnerinnen ganz in den Mittelpunkt zu stellen, so wurde bereits bei Ayse klar, dass auch Traumata, Traumafolgestörungen, Persönlichkeitsstörungen oder Depressionen therapiert werden müssen. Mittlerweile, so erläutert Neuwirth, sei Jella eigentlich eine Schnittstelle zur Jugendpsychiatrie. Zurück zu Ayse: Sie war vor kurzem beim Ehemaligentreffen zum 15. Jella-Geburtstag mit dabei, und zwar mit zwei ihrer drei Kinder. „Mittlerweile kriegt sie ihr Leben gut auf die Reihe“, beschreibt Neuwirth ihren Eindruck.

Wie hoch die Erfolgsquote der vergangenen anderthalb Jahrzehnte ist, darüber lassen sich keine konkreten Angaben machen. Klar ist, dass es circa nur zwei Dutzend Abbrüche gegeben hat. „Viele der Mädchen haben einen guten Weg ins Leben gefunden“, sagt Psychologin Vera Stocker, die seit 15 Jahren für Jella arbeitet. Sie kann sich noch gut an eine junge Frau erinnern, die seinerzeit per Leiter aus dem Haus gestiegen ist. Heute arbeitet sie als Lehrerin.

Die Plätze im Haus sind begehrt

Alle Bewohnerinnen (das Alter liegt zwischen 14 und 18 Jahren) sind freiwillig im Haus, vermittelt werden sie von Jugendsuchtberatungsstellen, psychiatrischen Kliniken oder Jugendsuchtstationen. Oftmals rufen aber auch die jungen Frauen selbst oder ihre Eltern direkt bei Jella an. Normalerweise liegt die Verweildauer bei einem Jahr. Es gibt drei Phasen: Stabilisierung, Konsolidierung, Adaption beziehungsweise das Heranführen an die Selbstständigkeit. Besonders in Phase eins müssen die Bewohnerinnen mit vielen Einschränkungen (Handyentzug, kein Abendausgang, kein Internet) leben. War bis 2011 noch der Stuttgarter Verein Lagaya der Träger, so ist es nun der baden-württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation (BWLV).

Die Plätze bei Jella sind sehr begehrt. Da nur sechs Zimmer zur Verfügung stehen, ist die Warteliste lang. Die Wartezeit beträgt ein dreiviertel Jahr, anno 2016 gab es schon gut 150 Anfragen. Hier liegt das größte Problem: Es gibt zu wenig Raum an der Vandalenstraße, außerdem ist das Gebäude deutlich in die Jahre gekommen. Eigentlich hätte die Einrichtung Ende diesen Jahres an die Neckarsulmer Straße ziehen sollen, dort wurden aber Flüchtlinge einquartiert. Die sollen bald ausziehen, danach wird das Haus umgebaut. Ob und wann Jella dort einziehen kann, weiß Neuwirth momentan nicht. „Ideen gibt es viele, wenn wir nur die Räume dafür hätten“, sagt sie und betont, dass man künftig mindestens 400 Quadratmeter und 20 Zimmer brauche. So könne man zusätzliche Mädchen aufnehmen und hätte genug Räume, um weitere Therapieformen anzubieten. Wichtig ist Neuwirth vor allem, dass so genannte „Verselbstständigungsplätze“ eingerichtet werden können, wo Mädchen lernen, allein zurechtzukommen. Solche Plätze kann Jella bislang aus Raumnot noch nicht anbieten. Die Einrichtungsleiterin hat allerdings noch einen weiteren Wunsch: Das Gebäude an der Vandalenstraße könnte von Jella auch nach einem Umzug weiterhin genutzt werden, und zwar als eine Art „Nachsorgeeinheit“. Denn eines, da sind sich Neuwirth und Psychologin Stocker einig, ist jetzt schon absehbar: Der Bedarf an Einrichtungen wie Jella wird künftig kaum sinken, sondern eher steigen.