Die Landeshauptstadt kann neue Sozialwohnungen auch in bestehenden Gebäuden bezuschussen. Die so genannte mittelbare Belegung ist zulässig, sagt die EU.

Stuttgart. - In der Landeshauptstadt können Wohnungsbauer, die Fördergeld für eine Sozialwohnung beantragen, auf das Instrument der mittelbaren Belegung zurückgreifen. Das heißt, dass ein Teil der vom Land geförderten Sozialwohnungen nicht im Neubau entstehen muss, sondern die Firmen diesen in ihrem Wohnungsbestand nachweisen können. Dabei wird einfach eine ältere Mietwohnung zur Sozialwohnung umgewandelt.

 

Der Verband der Freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen Baden-Württemberg hatte die Rechtmäßigkeit dieser Regelung, die es in anderen Bundesländern gibt, angezweifelt, und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) Ende 2016 mit der Androhung einer Klage unter Druck gesetzt. Hoffmeister-Kraut gab die Regelung daraufhin zur EU zur Überprüfung. Die Arbeitsebene der zuständigen Dienststelle der EU-Kommission habe das Ministerium informell darüber unterrichtet, das gegen die weitere Anwendung dieses Instrumentes „keine Bedenken bestehen“, teilte das Ministerium am Freitag mit. Die Verlagerung der Sozialbindung auf ältere Bestände am Ort gehe europarechtlich in Ordnung. Damit bestehe kein Risiko einer Rückforderung von Zuschüssen. Förderanträge könnten auf der Grundlage des auslaufenden Wohnraumförderprogrammsgestellt werden, ab dem 3. April gelte das neue Programm.

Freie Wohnungsbauer haben kaum Interesse

Die Freien Wohnungsbauunternehmen haben wenig Interesse am Sozialwohnungsbau, denn sie verkaufen in der Regel Eigentumswohnungen und haben kaum Bestände, die sie zu Sozialwohnungen umwandeln könnten.

In Stuttgart sollen auf städtischen Grundstücken wie in den Neubaugebieten Neckarpark, Schoch-Areal in Feuerbach oder Bürgerhospital, künftig zu 60 Prozent Sozialwohnungen gebaut werden. Das hatte der Gemeinderat im Sommer 2016 wegen des enormen Mangels an günstigem Wohnraum beschlossen. Um soziale Brennpunkte zu vermeiden, soll aber jede zweite Sozialwohnung nicht im Neubaugebiet, sondern außerhalb entstehen.

Die Mitteilung des Ministeriums sei eine „gute Nachricht für den sozialen Wohnungsbau“, kommentierte OB Fritz Kuhn (Grüne). Das Bündnis für Wohnen in Stuttgart basiere zu einem großen Teil auf diesem Instrument, das helfe, einseitige Bevölkerungsstrukturen zu vermeiden. Die Partner im Bündnis hätten sich bereit erklärt, wieder in den geförderten Wohnungsbau einzusteigen und die Hälfte in ihren Beständen zu belegen. Kuhns Ziel ist, dass in Stuttgart pro Jahr 1800 neue Wohnungen entstehen. Davon sollen 600 gefördert werden, davon wiederum 300 Sozialwohnungen sein. Im Jahr 2016 wurden nur 57 geförderte Wohnungen bezugsfertig, darunter keine Sozialwohnung.

OB Kuhn: Gute Nachricht

Von CDU und Grünen wurde die Klarstellung durch die EU begrüßt. Endlich habe man die nötige Rechtssicherheit, um mit dem Wohnbauförderprogramm zu starten, sagte der Abgeordnete Claus Paal, Vorsitzender des Arbeitskreises Wohnungsbau der CDU. Für die Grünen betonte Susanne Bay, Sprecherin für Bauen und Wohnen, die mittelbare Belegung sei ein zentrales Instrument, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und eine gelungene soziale Mischung im Quartier zu erreichen. DieSPDim Landtag kritisierte die Ministerin. Hoffmeister-Kraut „hätte sich den Umweg über Brüssel sparen können“, sagte Wohnungsbauexperte Daniel Born.