Vor allem für Mehrfamilienhäuser wächst die Nachfrage nach Baugenehmigungen. Doch entscheidend ist, was fertiggestellt wird.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die Zahl der Genehmigungen für neue Wohnungen ist in den ersten sieben Monaten dieses Jahres rapide gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilt, nahm die Zahl der Genehmigungen gegen über dem Vorjahr um etwas mehr als 26 Prozent zu. Insgesamt seien 213 600 neue Wohnungen genehmigt worden, 44 300 mehr als in den ersten sieben Monaten des vergangenen Jahres. Gestiegen ist dabei vor allem die Zahl der Genehmigungen für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die um fast 27 Prozent zunahm. In Mehrfamilienhäusern werden sehr häufig auch Mietwohnungen errichtet. Bei Wohnungen in Zweifamilienhäusern gab es ein Plus um 15 Prozent, bei Einfamilienhäusern lag es bei etwa 7,6 Prozent. Sehr stark stiegen die Genehmigungen für Wohnungen in Wohnheimen. Dies ist auf die immense Nachfrage nach Wohnraum für Flüchtlinge zurückzuführen. Eine höhere Zahl an Genehmigungen gab es nach den Angaben der Wiesbadener Statistiker zuletzt im Jahre 2000. Die Zahl der Wohnungen, die durch Um- und Ausbaumaßnahmen in bestehenden Gebäuden entstehen, erreichte in den ersten sieben Monaten mit 30 800 Wohnungen den höchsten Wert seit 1998.

 

In Baden-Württemberg nahmen die Genehmigungen nach Angaben des Statistischen Landesamtes mit einem Plus um 35 Prozent auf knapp 22 0000 Wohnungen sogar noch weit stärker zu als im Bundesdurchschnitt. Für den Südwesten liegen erst die Zahlen von Januar bis Juni vor. Die Hälfte dieser Wohnungen soll in Mehrfamilienhäusern entstehen, 27 Prozent sind als Einfamilienhäuser geplant. Um das Dreifache auf rund 3100 Wohnungen stieg im Südwesten die Zahl der Wohnungen in Wohnheimen. Insgesamt traten im ersten Halbjahr bei 46 Prozent der Wohnungen in Wohngebäuden Wohnungsunternehmen als Bauherren auf, bei 43 Prozent waren es Privatleute, die restlichen Wohnungen wurden von Bauherren wie Gemeinden oder Kirchen errichtet.

Positives Signal

Der Landesgeschäftsführer des Mieterbunds Baden-Württemberg, Udo Casper, sagte, die gestiegene Zahl der Genehmigungen sei „zunächst ein positives Signal“. Nicht jede Wohnung, die genehmig werde, werde aber auch gebaut. „Entscheidend ist die Zahl der Fertigstellungen“, meinte Casper. Zwischen Genehmigung und Fertigstellung vergingen aber in de Regel ein bis zwei Jahre. Eine Entlastung auf dem Wohnungsmarkt sei deshalb kurzfristig nicht zu erwarten.

Der Vizepräsident des Bundes der Deutschen Industrie (BDI), Thomas Bauer, sagte zu der Entwicklung am Wohnungsmarkt „es findet vieles statt“. Die Einsicht, dass etwas für kostengünstiges Wohnen getan werde müsse, sei deutlich gestiegen, sagte Bauer. Er ist Vorstandsvorsitzender der Bauer AG im bayrischen Schrobenhausen und war bis vor kurzem auch Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauwirtschaft. Die Schaffung von preiswertem Wohnraum dauere aber immer noch viel zu lange. Eine einfache Wohnung im sozialen Wohnungsbau könne Bauer zufolge mit Kosten von 1800 Euro pro Quadratmeter erreichtet werden. Anders als in der Stadt sei auf dem Land in diesem Preis auch das Grundstück mit dabei.

Auch im Südwesten mehr Wohnungen

Nach den Angaben des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie werden dieses Jahr bundesweit rund 270 000 Wohnungen fertiggestellt. Darunter seien 55 000 Mietwohnungen, von denen wiederum zwischen 15 000 und 20 000 auf den sozialen Wohnungsbau entfielen. Nach den Worten Bauers spaltet sich der Immobilienmarkt immer mehr zwischen Ballungsgebieten und ländlichen Räumen auf. Von den gestiegenen Preisen für Wohnungen profitierten die Bauunternehmen nicht, meinte Bauer weiter. Die höheren Preise seien in erster Linie auf höhere Ausgaben für Grundstücke zurückzuführen. Im laufenden Jahr wird der Wohnungsbau nach Schätzung des Hauptverbandes der Bauwirtschaft mit 39 Milliarden Euro am meisten zum Umsatz beitragen, gefolgt vom Wirtschaftsbau mit 36 Milliarden Euro und dem Öffentlichen Bau mit 29 Milliarden Euro.

In Baden-Württemberg stieg der Umsatz im Wohnungsbau in den ersten sechs Monaten um fast elf Prozent auf knapp 2,5 Milliarden Euro. Der Auftragseingang nahm dagegen um mehr als 22 Prozent auf knapp 939 Millionen Euro zu. Ebenso stark wie der Wohnungsbau war nach den Angaben der Vereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg im Südwesten im ersten Halbjahr der Umsatz im Wirtschaftsbau gestiegen. Dieser nahm um ebenfalls elf Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Euro zu.