Die Nachverdichtung im Westen des Fasanenhofs steht auf der Kippe. Zwei der fünf Bauträger erwägen nach Informationen dieser Zeitung den Ausstieg aus dem Projekt. Grund sind die hartnäckigen Widerstände von Anliegern vor Ort, die von der CDU befeuert werden.

Stuttgart - Der geplante Bau neuer Wohnungen im Westen des Möhringer Stadtteils Fasanenhof steht auf der Kippe. Nach Informationen dieser Zeitung erwägen zumindest zwei der insgesamt fünf genossenschaftlich organisierten Wohnungsbauunternehmen, die dort im Zuge der Nachverdichtung über 100 Wohneinheiten erstellen wollten, einen Rückzug aus dem Projekt. Zwar hatte die Stadtverwaltung die Pläne abgespeckt, doch der Protest vieler Einheimischer gegen die Bebauung hat den Unternehmen die Lust aufs Bauen offenbar genommen. Die Anlieger fürchten den Verlust von Grünflächen, mehr Lärm und Verkehr sowie eine „Ghettoisierung“ durch den Zuzug von Menschen mit ausländischen Wurzeln. Auch der Bezirksbeirat Möhringen hatte sich gegen die Nachverdichtung ausgesprochen.

 

Rainer Böttcher vom Vorstand der Flüwo-Baugenossenschaft wollte auf Anfrage zwar den Ausstieg zweier beteiligter Unternehmen nicht bestätigen, verwies aber auf die Entwicklung der vergangenen Wochen. Böttcher selbst hatte Ende November im Ausschuss miterleben müssen, wie sehr die Wogen im Fasanenhof hochschlagen. „Das trägt natürlich nicht dazu bei, unsere Motivation zu erhöhen“, sagt er. Maßgabe der Bauherren für die Umsetzung eines tragfähigen Konzepts sei auch für die Genossenschaften die Wirtschaftlichkeit. Die Stadtverwaltung hatte aufgrund der Proteste vor Ort die Zahl der geplanten Wohnungen reduziert und diese Kompromisslösung den Stadträten eigentlich am vergangenen Dienstag zur Beschlussfassung vorlegen wollen. Die Entscheidung wurde dann allerdings verschoben, weil die Fraktionen noch Beratungsbedarf hätten, wie es hieß.

CDU setzt sich vor Ort an die Spitze des Bürgerprotests

Das dürfte vor allem für die CDU gelten. Ihre im Fasanenhof wohnende Stadträtin und derzeitige Bundestagsabgeordnete Iris Ripsam hatte sich während der von der Stadt initiierten Bürgerbeteiligung mit an die Spitze der Bewegung gegen die Nachverdichtung gesetzt und, wie die Protokolle diverser Arbeitsgruppen belegen, Stimmung gegen die Bebauung gemacht. Die fiel nicht nur bei anderen der Teilnehmer des Bürgerbeteiligungsprozesses, sondern auch in ihrer Fraktion auf fruchtbaren Boden. So ließ etwa CDU-Stadtrat Carl-Christian Vetter kein gutes Haar an den Plänen der Verwaltung und der Genossenschaften. Der Bürgerwille müsse „erhört werden“, so Vetter in Anspielung auf den Slogan der Grünen, die eine Politik des Gehörtwerdens propagieren. Auch AfD und FDP sind gegen die Nachverdichtung, Grüne, SPD, SÖS/Linke-plus sowie die Freien Wähler wollen daran festhalten. „Wenn wir dort nicht nachverdichten können, wo denn dann?“, ließ sich der Fraktionschef der Freien Wähler, Jürgen Zeeb, vernehmen.

Sollten nun zwei von fünf Bauherren tatsächlich abspringen, stellt sich allerdings die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Gesamtprojekts, das auch in der sogenannten Zeitstufenliste Wohnen der Stadt enthalten ist, die die Baupotenziale für die nächste Jahre aufzeigt. Für SPD-Fraktionschef Martin Körner wäre dieses Szenario ein Fiasko für die städtische Wohnungsbaustrategie, die auf dem Prinzip Innen- vor Außenentwicklung basiert. „Der Oberbürgermeister muss im Gemeinderat eine Koalition schmieden, damit wir das Problem der Wohnungsnot in dieser Stadt endlich angehen können“, so Körner. Dafür müsste Kuhn freilich die CDU mit ins Boot holen, die zwar grundsätzlich auch für eine Stärkung des Wohnungsbaus ist, aber bei einzelnen Projekten immer wieder ausschert. Auch beim Projekt „Garden Campus“ auf dem ehemaligen IBM-Areal in Vaihingen hatte die Union für eine Reduzierung des Wohnanteils zugunsten von Gewerbe plädiert, war aber im Gemeinderat mit ihren Vorstellungen unterlegen.

Rainer Böttcher von der Flüwo will unterdessen die Hoffnung auf einen Kompromiss noch nicht aufgegeben. „Eine abschließende Beurteilung ist für uns erst nach Abschluss des städtebaulichen Wettbewerbs möglich.“ Auch der Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) will das Projekt noch nicht ad acta legen. Schließlich gebe es im Rat eine wenn auch knappe Mehrheit für eine maßvolle Nachverdichtung. Ob diese Mehrheit auch dann noch Bestand hätte, wenn sich zwei der fünf Bauherren von dem Vorhaben verabschieden und sich die Anzahl der Wohnungen damit weiter reduziert, ist offen.