Mit knapper Mehrheit plädiert der Obertürkheimer Bezirksbeirat für Wohnbau im Gebiet „Unten im Dorf“.

Obertürkheim -

 

Als in der aktuellen Sitzung des Bezirksbeirates Obertürkheim der von der SPD-Fraktion eingebrachte Antrag „Wohnbauflächen in Stuttgart“ zu Beratung anstand, waren die Fronten eigentlich schon extrem deutlich geklärt. Das hatten die Parteiungen schon in der vorhergegangen Sitzung erledigt, als der Antrag zwar bereits vorgelegen hatte, aus formalen Gründen aber noch nicht beraten werden konnte: Das Unterfangen, das Gelände „Unten im Dorf“ – vorwiegend Wiesengrundstück am Fuß der Weinberge – nun doch für Wohnbebauung freizugeben, erhitzte die Gemüter derart, dass ein Warten unmöglich schien. Und weil sich inzwischen auch Anlieger gegen den Plan formiert hatten, verlegte Bezirksvorsteher Peter Beier die Sitzung in den betroffenen Teilort, in den Saal des Alten Rathauses von Uhlbach – der dann auch entsprechend voll wurde.

Zusätzlich Öl ins Feuer gegossen hatten im Vorfeld die Fraktionen von SÖSLinkePlus und Grünen, die mit einer gemeinsamen Presseerklärung an die Öffentlichkeit getreten waren. Darin heißt es: „Wir protestieren aufs Schärfste gegen die Pläne der lokalen SPD, das bereits vor Jahren vom Gemeinderat und der Stadtverwaltung verworfene Baugebiet im naturnahen Obstgartengebiet ,Unten im Dorf‘ zu ermöglichen. Mit diesem Antrag verlässt die SPD ihre bisherige kritische Haltung zur Bebauung des ökologisch sensiblen Außenbereichs, verlässt die Linie des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells SIM und biedert sich der Baulobby an.“ Und angesichts der zu erwartenden hohen Baukosten sei der von der SPD „bislang propagierte Slogan „Bezahlbarer Wohnraum“ eine Parodie“.

Das Gebiet beherbergt auch bedrohte Tierarten

In der Debatte selbst betonte Elisabeth Remppis (Bündnis 90/Die Grünen) noch einmal die ökologische Bedeutung der avisierten Fläche, „auch für bedrohte Tierarten wie Grünspecht, Wendehals oder Wildbienen“. Ihre Fraktionskollegin Monika Geiger und Christoph Hofrichter (SÖSLinkePlus) nannten das Argument des Antrages, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, gleichermaßen unsinnig, worin ihnen Walter Zinser von den Freien Demokraten beipflichtete.

Die SPD-Fraktion verteidigte nochmals den Antrag. Eckart Jäger meinte: „Jede Wohnung die gebaut wird, hilft bei der Entspannung auf dem Wohnungsmarkt.“ Dies war sowieso das zentrale Argument des Antrages, in dem es heißt: „Es müssen dringend auch neue Flächen erschlossen werden, um den Anforderungen des Zuzugs nach Stuttgart gerecht zu werden. Dieser Zuzug in den letzten Jahren ist eine direkte Folge einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung in der Region Stuttgart. Eine Aktivierung von Wohnungsbaupotenzialen, insbesondere kleinere Flächen und Baulücken, ist daher dringend geboten. Eine derartige Fläche im Stadtgebiet Obertürkheim/Uhlbach stellt das Gebiet ,Unten im Dorf‘dar.“

Knappe Entscheidung für den Antrag

CDU und Freie Wähler betonten erneut ihre Zustimmung. Peter Aichinger (FW) gab zu bedenken, „dass man dieses Thema ohne ideologische Scheuklappen diskutieren und prüfen sollte. Wir sollten keine Gräben aufreißen. Es wäre nur ein erster Schritt und nichts wäre in Beton gegossen.“ Der Antrag wurde mit fünf gegen vier Stimmen und einer Enthaltung angenommen.

Sehr zum Unmut der Uhlbacher Initiative gegen das Vorhaben. Aus diesen Reihen, genauer: von Siegfried Berner, kam eine Art Kompromissvorschlag, der die Erschließung eines Areals in der Markgräflerstraße, am Ende der aktuellen Bebauung Richtung Rotenberg vorsieht. Auch die Tage danach schlugen die Wellen noch hoch. Auch, weil das Gerücht gestreut wurde, Orts- und Stadt-SPD hätten sich weder abgestimmt, noch seien sie sich einig. Sowohl Michael Jantzer von der Orts-SPD als auch Martin Körner, Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion, dementierten dies. Jantzer zeigte sich „irritiert über die aufgekommene Polemik“. In der Sache gehe es „doch um eine Fläche, die Jahrzehnte für eine Friedhofserweiterung vorgesehen war“. Dann wurde er grundsätzlich: „Ich bin der Meinung, dass in der Stadt insgesamt Grüne und Linke ihrer Verantwortung, Wohnraum zu schaffen, nicht gerecht werden.“