Die Genossen haben ihre Zusage aufgegeben, nicht mehr in ökologisch bedeutsamen Grünzonen zu bauen. Ihr Bundestagskandidat Michael Jantzer, in Obertürkheim Fraktionschef, hätte nicht gegen hochwertigen Wohnungsbau in Uhlbacher Randlage.

Stuttgart - OB Fritz Kuhn und sein grüner Parteifreund, Baubürgermeister Peter Pätzold, werden im neuen Jahr alle Hände voll zu tun haben, den Forderungen diverser Ratsfraktionen, ökologisch wertvolle Grünbereiche zuzubauen, argumentativ zu begegnen. Die Freien Wähler, traditionell Vertreter einer an Ortsrand-Grundstücken reichen Klientel, haben eine Liste mit 30 Arealen veröffentlicht.

 

Als erste Maßnahme nach der für sie erfolgreichen Kommunalwahl 2009 hatte die neue ökologisch-soziale Mehrheit aus Grünen, SPD und SÖS/Linke idyllische Grünflächen an den Ortsrändern für unbebaubar erklärt. Die Genossen etwa betonten, die Liste mit fast 200 Baugebieten für mindestens 22 000 Wohneinheiten biete ausreichend Möglichkeiten, den Bedarf an neuem Wohnraum zu stillen. Großer Vorteil der Innenentwicklung: Straßen, Kitas, Kanäle und Schulen seien schon da.

Das sieht die SPD heute differenzierter. Wieder in der Debatte ist das Gewann Schafhaus in Mühlhausen. Dort wären 250 Wohneinheiten möglich. Die SPD hat eine Rolle rückwärts vollführt. Ihr früherer Vorsitzender Manfred Kanzleiter erteilte einst der Bebauung eine Absage. Unter Martin Körner hat sich die Fraktion mit dem Argument, jede zusätzliche Wohnung, auch wenn sie privates Eigentum darstelle, lindere den Mangel in Stuttgart, auf die andere Seite geschlagen. Aufgrund dieser Volte scheint eine Mehrheit denkbar, auch gegen den Willen der Verwaltung, der Außenentwicklung wieder Bedeutung zuzumessen.

Noch krasser erscheint der Fall des im Landschaftsschutzgebiet liegenden Gewanns „Unten im Dorf“ westlich der Uhlbacher Straße. Das Gebiet wurde von der SPD ausdrücklich auf die rote Liste bedrohter Grünzonen gesetzt. Sechs Jahre später wollen zumindest die Sozialdemokraten vor Ort die These, ökologisch besonders wertvolle Bereiche für Klima, Erholung und Landwirtschaft sollten frei von Bebauung bleiben, nicht mehr aufrechterhalten. Darüber wird am Mittwoch im Obertürkheimer Bezirksbeirat heftig gestritten.

Die Genossen werden mit dem Hinweis auf den knappen Wohnraum und den großen Zuzug empfehlen, das Gebiet zu bebauen. Die Stadt solle lediglich darauf achten, dass die Erschließung „ökologische Aspekte bestmöglich berücksichtigt“ und auch bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden müsse. Federführend ist nicht irgendwer; Fraktionschef Michael Jantzer ist der aktuelle SPD-Bundestagskandidat. In dieser Funktion hat sein Wort viel mehr Gewicht.

CDU und Freie Wähler applaudieren, Grüne sowie SÖS/Linke Plus laufen Sturm und rechnen vor, dass das Klientel der SPD nun offenbar in der Lage sei, Wohnungen für bis zu 800 000 Euro zu bezahlen. So teuer seien Neubauten am Uhlbach Rand mittlerweile. Bezahlbarer Wohnraum in nennenswertem Umfang entstehe nicht. In der Fachverwaltung hält man von der Idee gar nichts. Die SPD werfe ökologische Bedenken einfach über Bord. Das Landschaftsschutzgebiet sei stadtklimatologisch und für den Artenschutz bedeutend, Ausgleichsmaßnahmen in einer solchen Qualität seien nicht zu erbringen. Außerdem wäre das Gebiet nur aufwendig zu erschließen.