Oberbürgermeister Fritz Kuhn stellt sein lange erwartetes Strategiepapier „Wohnen in Stuttgart“ vor. Speziell den Mangel an bezahlbaren Wohnungen für Alleinstehende und Familien mit Kindern will der grüne Politiker angehen.

Stuttgart - Bereits im Wahlkampf ist das Thema Wohnen einer der Punkte gewesen, mit denen Fritz Kuhn auf Stimmenfang gegangen war. Kurz nach Amtsantritt hatte der OB für den Herbst ein umfassendes Konzept zur Linderung des Wohnungsmangels in der Stadt angekündigt. Am Donnerstag hat er dieses Papier vorgestellt.

 

Seine Sicht der Dinge stellt Fritz Kuhn mit wenigen Worten dar: „Stuttgart ist attraktiv, und viele Menschen wollen hier wohnen“, sagt er zum Beginn der Pressekonferenz im Rathaus. „In der Stadt geht es eng zu, und wir wollen nicht auf der grünen Wiese bauen“, sagt er und fügt an: „Wir haben einen Mangel an bezahlbaren Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern und für alleinlebende Menschen, egal ob jung oder alt.“ Um diesem Mangel entgegenzuwirken, formuliert Kuhn in seinem Papier neun Ziele. Neben bekannten Formulierungen wie mehr geförderter Wohnraum und Quartiere mit sozialer Durchmischung sind unter Kuhns Absichten auch einige neue Punkte.

Kleiner Wohnungen sollen helfen

„Die Tatsache, dass jeder Mensch mehr Platz beansprucht als vor 20 Jahren, ist kein Naturgesetz“, erklärt der OB. Unter dem, was Kuhn als „Leitplanken für das Baugeschehen in unserer Stadt“ bezeichnet, findet sich der Punkt „Trend zum Wachstum der Wohnungsgrößen entgegenwirken“. Dazu der Oberbürgermeister: „Man kann auch kleiner bauen.“

Dieses Ziel werde man vornehmlich bei sogenannten Konzeptvergaben verfolgen, so Kuhn. „Bisher steht bei der Vergabe kommunaler Flächen meist das Höchstgebot an zentraler Stelle für die Verkaufsentscheidung“, heißt es in dem 14-seitigen Konzept. „Stattdessen müssen wir vorher sagen, was wir uns vorstellen“, sagt Kuhn, „auch wenn das Geld kostet.“ Im aktuellen Haushaltsplanentwurf seien aus diesem Grund statt bisher 40 lediglich 20 Millionen Euro als Gewinn aus Grundstücksverkäufen eingeplant, so der OB weiter.

„Es tut einer Innenstadt gut“, sagt Kuhn, „wenn alle Schichten der Gesellschaft dort leben.“ Um das zu ermöglichen, sollen 1800 Wohnungen jährlich entstehen, ein Drittel davon öffentlich gefördert. Zwar wurde die Vorgabe an fertigen Wohnungen in diesem Jahr bereits erreicht: „Doch wir müssen diese Leistung über viele Jahre halten“, sagt Kuhn, „in drei bis vier Jahren werden wir nicht genug erreichen.“

SWSG mit neuem Kurs

Um seine Ziele zu verwirklichen, will Kuhn einen Lenkungskreis mit sich selbst an der Spitze einrichten. „Wohnungsbau wird wie versprochen zur Chefsache“, sagt der Rathauschef. Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD), Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU), Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) und die Wirtschaftsförderung werden mit am Tisch sitzen. „Dieser Kreis hat die Aufgabe, die Entscheidungsprozesse der Verwaltung zu beschleunigen“, sagt Kuhn.

Auch der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft wird nach den Plänen eine leicht veränderte Rolle zukommen. „Die SWSG wird künftig mehr geförderten Wohnraum bauen“, verspricht Kuhn. „Wir werden den sozialen Auftrag stärker betonen“, sagt auch Michael Föll.

Verbesserung zu den Vorjahren

Die Reaktionen aus den Reihen der Wohnungswirtschaft auf das Konzept sind gemischt. „Das Papier ist in der Sache löblich“, sagt Ulrich Wecker, der Geschäftsführer des Eigentümervereins Haus und Grund in Stuttgart. „Leider werden die privaten Vermieter darin gänzlich ausgeklammert. Dabei sind 77 Prozent aller Wohneinheiten in Stuttgart in privater Hand.“

Rolf Gaßmann, der Vorsitzende des Mietervereins, spricht von einem Schritt in die richtige Richtung. „600 geförderte Wohnungen im Jahr sind eine Verbesserung im Vergleich zu den Zahlen im aktuellen Haushaltsentwurf und im Vergleich zu den durchschnittlich 50 Sozialwohnungen der vergangenen Jahre“, sagt Gaßmann.