„Bezahlbahren Wohnraum schaffen, Mietexplosion stoppen“: Unter diesem Motto steht am Donnerstag eine Demo in Stuttgart. Erstmals seit 31 Jahren gehen in der Stadt Menschen wegen der hohen Wohnkosten auf die Straße.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Zum einen Teil des Slogans steht Rolf Gaßmann, der Vorsitzende des Deutschen Mieterbundes in Baden-Württemberg, nach wie vor: „Mietexplosion stoppen“ lautet der zweite Satz des Aufrufes, der am Donnerstag bei einer Demo auf dem Schlossplatz kundgetan werden soll. Vom ersten Teil des Spruches ist Gaßmann nicht mehr wirklich  überzeugt, „Bezahlbaren Wohnraum schaffen“, lautet dieser. „Bezahlbar ist eigentlich das falsche Wort“, sagt der Mieterbund-Chef. Denn: „Bezahlt wird in Stuttgart mittlerweile fast jeder Preis.“ Es gehe in erster Linie darum, dass die Aufwärtsspirale, der die Lohnentwicklung der Mieter hinterherhinke, bei den Kosten fürs Wohnen gestoppt werde. Um dies zu fordern, rufen Mieterbund, Deutscher Gewerkschaftsbund, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege und die Mieterinitiative LBBW-Patrizia zum Protest auf.

 

Es sei zwar nichts Neues, dass in Stuttgart Wohnungsknappheit herrsche, doch inzwischen habe es auf dem teuren Pflaster der Landeshauptstadt nicht mehr nur schwer, wer wenig Geld hat. „Das Problem ist auch bei den mittleren Einkommen angekommen“, sagt Gaßmann. Die Menschen müssten mehr als 40 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Wohnkosten aufbringen, viele sogar schon 50 Prozent.

Einfach zu teuer

„Das ist einfach zu hoch“, schloss sich der DGB-Vorsitzende Philipp Vollrath an. In den Jahren 2007 bis 2011 seien die Bruttolöhne der Arbeiter mit abgeschlossener Ausbildung nur um 5,4 Prozent gestiegen, die Mietpreise aber um 12,7 Prozent. Von den 5,2 Millionen Erwerbstätigen in Stuttgart müssten 2,5 Millionen mit einem Einkommen von bis zu 1500 Euro auskommen. „Davon die Hälfte für die Miete ausgeben zu müssen ist einfach zu viel“, betonte der DGB-Vorsitzende, da sei es auch kein Trost, dass in Stuttgart insgesamt ein hohes Lohn- und Gehaltsniveau herrsche.

Für die Wohlfahrtsverbände ist die Wohnungsknappheit ein drängendes Problem, weil immer weniger Sozialwohnungen in der Stadt errichtet worden seien. Es sei sogar „brutal abgebaut“ worden in diesem Bereich, sagte Thomas Winter von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege. Sein Verband fordere den Stopp der vorzeitigen Befreiung von der Belegungsbindung – der Pflicht, die mit öffentlichen Mitteln geförderten Immobilien an sozial schwache Mieter zu vergeben.

Seit mehr als 30 Jahren die erste Kundgebung dieser Art

Diese Forderung richten die Interessenverbände auch an den Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Im Wahlkampf hatte das Thema Wohnungen bei ihm einen hohen Stellenwert. Kuhn müsse nun seinen Worten Taten folgen lassen und den erhofften Politikwechsel im Wohnungsbau voranbringen, sagte Rolf Gaßmann. Ein klares Signal dafür soll die Kundgebung am Donnerstag sein. Es ist nach 31 Jahren die erste Kundgebung, die auf die Interessen von Mietern aufmerksam macht.

Die Demo beginnt am Donnerstag, 7. März, um 17 Uhr auf dem Schlossplatz.